Montag, Juni 13, 2011

Windsor Hotel


Wieder ist es Zeit für ein Kapitel über ein Gone Building. Wir besuchen mit diesem Beitrag das Windsor Hotel, das einst für knapp 25 Jahre die Fifth Avenue mit seiner Anwesenheit schmückte. Quellen für das Bildmaterial: Google und Museum of the City of New York, Karten von NYCMap.

Das Windsor Hotel ist ein ehemaliges New Yorker Hotel, das sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts an der Adresse 575 Fifth Avenue befand. Der Standort war dort, wo die 47th Street die 5th Avenue kreuzt, allerdings hat es aber wohl im Gegensatz zum heutigen Grundstückszuschnitt das gesamte Areal zwischen 46th und 47th Street belegt.



Das siebenstöckige Windsor Hotel öffnete 1873 seine Pforten. Zu jener Zeit war es in New York Mode, dass vermögende Familien Dauerquartiere in Luxushotels bezogen.

Hierzu die Songlines: "565: The address of the Windsor Hotel, home to John D. Rockefeller and Andrew Carnegie and a favorite dining spot for Jay Gould; other notable guests included writers Oscar Wilde and Matthew Arnold, and King Kalakaua of Hawaii."

Dieses ist die vermutlich älteste Aufnahme des Windsor Hotels, die aus den 1870ern stammen soll:


Es geht weiter mit einer wunderbar fleckigen Stereo Card, die undatiert war, aber etwa aus der gleichen Zeit stammen dürfte.


Es folgen zwei Bilder aus den 1880ern, datiert auf 1885 und 1887.



Einen Blick in den Dining Room ermöglichen diese beide Stereo Cards ohne Datum, die leider das gleiche Motiv haben.



Wir erreichen nun bereits die 1890er. Und wieder einmal liegt der Reiz auch in den alltäglichen Straßenszenen aus einer Zeit, die bereits 120 Jahre in der Vergangenheit liegt.



Die letzten zwei Aufnahmen stammen schließlich noch aus den Jahren 1898 und 1899:



Und dann erreichen wir Freitag, den 17. März 1899. Wegen der Feiern zum St. Patrick's Day sind die Straßen voller Menschen und auf der Fifth Avenue findet die traditionelle Parade statt. Dieser Umstand und das Tageslicht sind sicherlich mit dafür verantwortlich, dass von dem nun folgenden Unglück verhältnismäßig viel Bildmaterial erhalten ist.

Quellen:


Plötzlich wird die Aufmerksamkeit derjenigen Passanten, die eigentlich die Parade ansehen wollen, durch ein anderes Ereignis abgelenkt: aus den Fenstern des Windsor Hotels schlagen Flammen. Ursache für das Feuer ist ein weggeworfenes Streichholz, das nicht verloschen war, sondern durch einen Luftzug in das Fenster im zweiten Stock zurückgeweht wurde und noch brennend in einer Gardine landete.


Dora Duncan, der Leiterin einer Tanzschule, die sich zu dieser Zeit im Hotel aufhielt, gelang es, ihre Schüler einschließlich ihrer Tochter Isadora, noch sicher aus dem brennenden Hotel hinauszugeleiten. Abner McKinley, der Bruder von Präsident McKinley, der sich draußen befand, als der Feueralarm ausgelöst wurde, rannte in das Hotel und rettete seine Ehefrau und seine behinderte Tochter.


Es dauerte nur eine halbe Stunde, bis das Hotel lichterloh in Flammen stand. Begünstigt wurde die Ausbreitung des Feuers durch geborstene Gasleitungen, die der Brunst zusätzliche Nahrung gaben.



Die Löscharbeiten der Feuerwehrleute wurden durch die riesige Anzahl an Menschen behindert, die sich um die Unglücksstelle versammelt hatten, so dass zusätzlich herbeigerufene Löschfahrzeuge nur schwer bis zum Einsatzort durchdringen konnte. Die oberen Stockwerke wurden für einige Hotelgäste zur Falle, weil sich das Feuer zu schnell ausbreitete, als das alle Menschen über Leitern hätten gerettet werden können. Infolge dessen konnte man auch bei diesem Unglück schaurige Szenen beobachten, die es in der Geschichte der Stadt immer wieder gab, wie zum Beispiel 1911 beim Brand der Triangle Hemdenfabrik oder 2001 beim Terroranschlag auf das World Trade Center: Menschen, die aus hohen Stockwerken in den sicheren Tod springen, um einem Tod im Feuer zu entgehen.


Außerdem erweist sich der Wasserdruck auf den Hydranten als zu niedrig, so dass es nicht möglich ist, in ausreichender Menge Löschwasser in das brennende Gebäude zu spritzen. Ein beteiligter Feuerwehrmann beginnt aufgrund der Erlebnisse einen mühsamen Kampf für die Errichtung eines Hydrantennetzes mit Hochdruckleitungen in New York, das 1907 in die Tat umgesetzt wird. Auch andere bauliche Mängel wurden festgestellt. So entsprach die Bauweise des Gebäudes nicht mehr den damals aktuellen Feuerschutzbestimmungen. Es wird außerdem berichtet, dass einige Notausgänge in der Brunst zu schnell so heiß geworden waren, dass sie nicht mehr benutzt werden konnten. Andere Quellen besagen, dass es gar keine Notausgänge gab. Zu allem Übel kollabierten auch noch Teile des Gebäudes zu schnell, als das die dort eingeschlossenen rechtzeitig gerettet hätten werden können.


Obwohl zahlreiche Feuerwehrleute dank der Parade zum St. Patrick's Day direkt vorort waren und obwohl es diesen in ungezählten tollkühnen Rettungsaktionen gelang, viele Menschen noch aus dem brennenden Gebäude herauszuholen, waren nach Ende des Unglücks ungefähr 90 Tote zu beklagen. Zahlreiche Menschen starben in dem brennenden Gebäude und viele beim Sprung aus dem brennenden Gebäude auf dem Bürgersteig davor.


Hier noch einmal eine durchgehende Bilderserie, die die Ausbreitung des Feuers dokumentiert:


Zu den Überlebenden des Unglücks zählte auch dieser Hund namens Nell, der als Feuerwehrhund zu der Einheit "Hook and Ladder No. 21" gehörte und nur knapp dem Tod im Gebäude entkam.


 Das Unglück hatte natürlich alle Aufmerksamkeit der lokalen Presse, wie man hier in alten Ausgaben der "New York World" und der Zeitung "The Mail and Express" sehen kann:



Was von dem einst stolzen Hotel blieb war eine Trümmerwüste und wenige Ruinen. Ein Großteil des Gebäudes hat dem Feuer nicht standgehalten und ist während des Brandes eingestürzt.



Bereits 1901 wurde das Grundstück neu bebaut, an die Stelle des Windsor Hotels trat die "Windsor Arcade", passend zur 5th Avenue ein von außen reichlich geschmücktes Gebäude mit zahlreichen Luxusgeschäften in seinem Inneren. Auch der New Yorker Fechtclub hatte hier von 1903 bis 1912 sein Domizil. In den späteren 1910ern wurde das Gebäude bereits wieder abgerissen und durch einen anderen Bau ersetzt.




Hier sehen wir spätere Bebauungen des Straßenblocks, vermutlich in den 1920ern oder 1930ern (von der 42nd Street aus) und in den 1950ern (von der 46th Street aus).




Die Songlines wissen über einen späteren Mieter noch folgendes zu berichten:
"This was later the address of WNEW, the "World's Greatest Radio Station," which pioneered the disc jockey and the hourly news break. It featured pop standards and big bands, championing the music of Frank Sinatra. Launched in 1934 with the merger of two earlier stations, it moved here in 1946, where its golden call letters on the building were a Midtown landmark for decades. The station became WBBR, a financial news station owned by Bloomberg, in 1992."

Bleibt zum Abschluss noch ein Besuch in der Gegenwart. Ich nehme mal wieder den Google Street View, um dort nach dem Rechten zu sehen.



Bilderquellen: Google und Museum of the City of New York.

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