Freitag, November 19, 2010

A really greater New York


Mike von NYC Total hat mich auf diesen Beitrag im Brooklyn-Blog "Brownstoner" aufmerksam gemacht, dafür vielen Dank. Das Thema war zuvor schon einige Male im englischsprachigen Raum von Blog zu Blog gewandert.

Quellen:
http://www.brownstoner.com/brownstoner/archives/2010/11/closing_bell_a_8.php
http://bigthink.com/ideas/24668
http://kottke.org/10/11/nyc-what-ifs-merging-manhattan-and-brooklyn
http://books.google.com/books?id=gCYDAAAAMBAJ&lpg=PA60&ots=OuFf_KJcwJ&dq=%22Kennard%20Thomson%22&pg=PA60#v=onepage&q=%22Kennard%20Thomson%22&f=false

Es geht zurück in das Jahr 1916. Damals gab es Ideen, die Stadt New York weit in das angrenzende Wasser hinein auszuweiten und durch Landanschüttung im East River Brooklyn und Manhattan miteinander zu verbinden. 

Das war zu jener Zeit nicht ungewöhnlich. Angespornt  durch die Erfolge der Niederländer bei der Landgewinnung entwickelten damals zahlreiche Visionäre Projekte riesigen Ausmaßes, so zum Beispiel den Wiederanschluss Großbritanniens an das europäische Festland oder den Bau eines wasserbetriebenen Elektrizitätswerks in der Meerenge von Gibraltar.


Der Kopf hinter den revolutionären Veränderungen in New York City war Dr. T. Kennard Thomson, ein Theoretiker, technischer Berater und Stadtplaner. Er war am Bau zahlreicher Brücken und bei der Errichtung von 20 frühen Wolkenkratzern in New York beteiligt gewesen. Sein Spezialgebiet waren die Fundamente und hier der Bau von "Pneumatic Caissons", also von unter Überdruck stehenden Senkkästen, die den Bau von stabilen Fundamenten an ungewöhnlichen Orten wie Flussbetten oder sandigem Untergrund ermöglichten.

Dr. Thomson veröffentlichte seine Ideen, die schon mindestens seit 1911 reiften, in der Augustausgabe der Zeitschrift "Popular Science" aus dem Jahr 1916: "Ich schlage vor, durch eine Reihe von technischen Projekten eine Fläche von zusätzlichen 50 Quadratmeilen zur Fläche des heutigen "Greater New York"-Gebiets hinzuzufügen. Zugleich bedeuted dieses 100 Meilen neues Ufer. Das New Yorker Rathaus wird das Zentrum eines wirklich großen New Yorks werden, mit einem Radius von 25 Meilen, und innerhalb dieses Kreises werden 25 Millionen Menschen leben. Das ganze Projekt kann binnen weniger Jahre umgesetzt werden, obwohl viele gesagt haben: "Das ist nicht zu realisieren!" Die Mehrheit der Ingenieure haben aber dennoch das Vorhandensein einer Möglichkeit eingeräumt und ich habe hunderte von ermutigenden Briefen erhalten."

Wir sollten mal einen Blick auf das dazugehörige Kartenwerk zu werfen. Leider konnte ich die Gesamtkarte nicht in hoher Auflösung übernehmen, da die Grundlage ein pdf-Dokument war. Deshalb gibt es zunächst die komplette Karte in niedriger Auflösung und dann einzelne vergrößerte Abschnitte:


In diesem Ausschnitt sehen wir die geplanten Erweiterungen von Staten Island und einen Übergang zum weiter entfernten Festland, der über zwei künstliche Inseln und eine Reihe von Brücken führte:


Hier sehen wir die Veränderungen im New Jersey und in Manhattan, das weit nach Süden in das New Yorker Hafenbecken hinein verlängert werden sollte, mit Governors Island als Teil der Landmasse und mit einer Brücke nach Staten Island. Rechts sieht man den neuen East River, der ungefähr dort auskam, wo sich heute der JFK Airport befindet.


Die Planungen für den Norden kann man hier bestaunen. Die Grenze zwischen Manhattan und der Bronx wurde begradigt und der East River zwischen Brooklyn und Manhattan zugeschüttet. In der neugewonnenen Landmasse wurden auch Roosevelt Island und Randall's Island integriert. Die von Norden her drängenden Wassermassen, die bisher durch den East River abgeflossen sind, wurden in einen neuen East River umgeleitet, der längs durch das Stadtgebiet von Queens verlief und in die Jamaica Bucht mündete.


Auf der nun folgenden Karte sieht man noch einmal - deutlicher herausgearbeitet durch die Farbgestaltung - die Veränderungen, die man im Stadtgebiet von New York vornehmen wollte:
 
 
Dr. Thomson erwartete für die Erweiterung von New York nach seinen Plänen mehr Kosten, als für den Bau des Panamakanals aufgewendet wurden. Er ging aber davon aus, dass sich die Erweiterung schon bald bezahlt und New York City zur reichsten Stadt der Welt machen würde. Zum Beispiel sollte sich der Wert der Immobilien auf Staten Island durch die direkte Verbindung zur verlängerten Südspitze von Manhattan von bisher 50 Millionen Dollar verzehnfachen.
 
Er war 1916 noch zuversichtlich, dass sein Projekt bereits in Kürze in die Tat umgesetzt würde, bei Kosten zwischen 50 und 100 Millionen Dollars pro Jahr. Mit Blick auf das gegenwärtige Erscheinungsbild von New York City wissen wir aber, dass dem Doktor und seiner Vision eines wirklich großen New Yorks kein Glück beschieden war. Es ist nicht mehr nachzuvollziehen, wieviele New Yorker seine Ideen ernsthaft erwogen, verteidigt und zuletzt tief betrauert haben.
 
Zuletzt versuchte er in den 1920ern, seinen Plan durch Reduzierung auf das Wesentliche zu retten und präsentierte keine Vision von einem Greater New York mehr, sondern einen bescheideneren Vorschlag für ein Projekt namens New Manhattan:
 
 
Dieser sah vor, eine zusätzliche neun Quadratmeilen große Insel namens New Manhattan in das Hafenbecken von New York zu setzen, mit Liberty Island und Governors Island als Teile der neuen Landmasse, die an die Südspitze von Manhattan anschloss. Der Visionär träumte schon von einem Vier-Meilen Boulevard mit drei separaten Stockwerken, einem für Züge, einem für Automobile und einem als Landebahn für Flugzeuge, der von Nordosten nach Südwesten über die neu geschaffene Insel führte und schließlich in einem Tunnel nach Staten Island mündete.
 
 
 

Doch auch dieser Traum blieb das, was er war: ein Traum. Es ist unklar, warum die zuversichtlich zusammengestellten Pläne und die sorgfältig durchkalkulierten Ideen von Dr. Thomson niemals aufgegriffen worden sind. Es bleibt nur die Feststellung, dass weder das "Greater New York"-Projekt noch das "New Manhattan"-Projekt jemals zustande kamen. Aus heutiger Sicht scheinen seine Ideen eher phantastisch als realistisch gewesen zu sein und  man ist geneigt, sie in eine Reihe zu stellen mit fiktiven Fortentwicklungen von New York City wie Gotham City oder Metropolis. 

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