Halloween ist gerade vorbei und draußen tobt ein schmutziggrauer und klammer Allerheiligennachmitag. Also genau die richtigen Voraussetzungen, um auf einen mehr als 100 Jahre alten Turm zu steigen. Aber nicht auf irgendeinen, sondern auf einen, der schon einmal 4 Jahre lang das höchste Gebäude der Welt war.
Der Macher von "scouting new york" hatte im März 2010 die Gelegenheit, mal bis ins Allerheiligste hinaufzusteigen und ein paar wunderbare Photos aus dem Inneren des Metropolitan Life Towers mitzubringen, die eindrucksvoll dokumentiert haben, wie es da drin so aussieht.
http://www.scoutingny.com/?p=1808Das erste Hauptquartier der "Metropolitan Life Insurance Company" entstand 1893 an der Ecke 23rd Street / Madison Avenue. Die Company war so erfolgreich, dass der Platz in dem großzügig bemessenen Gebäude bald schon nicht mehr ausreichte. Also musste die düstere Kirche im Schatten auf der linken Seite weichen und wurde ab 1907 durch einen spektakulären Turm ersetzt, der ganz unbescheiden auch mal eben ein paar Jahre lang (1909 bis 1913) das höchste Gebäude der Welt war.
1909 entstand diese hochauflösende Aufnahme, die auf Shorpy veröffentlicht wurde und die direkt zwei Helden der Vergangenheit auf einem Bild vereint. Zum einen sieht man dort den nagelneuen Metropolitan Life Tower in der Bildmitte und links daneben die fast zwanzig Jahre ältere Giralda des zweiten Madison Square Gardens. http://www.shorpy.com/node/8784
Auch bei der Innenausstattung hat die Gesellschaft offenkundig nicht gekleckert, wenn man sich so ganz unvorbelastet die nachfolgenden drei Bilder aus dem Eingangsbereich des Gebäudes ansieht:
Erste Zwischenstation auf dem Weg nach oben ist das Büro, von dem aus die Uhr am Metropolitan Life Tower gesteuert wird.
Diese Aufnahme aus der Vergangenheit zeigt, wie es in dem Büro einst ausgesehen hat:
Wofür dieses aufwändige Gerät rechts gut sein soll, entzieht sich meiner Kenntnis, aber der Kasten, über den der Herr links sich gebeugt hat, steht immer noch dort.
Nachtrag:
Leser Thomas hat folgenden Kommentar hierzu hinterlassen: "Das aufwändige Gerät rechts auf dem "Uhrwerk" Bild ist ganz schlicht, eine Drehmaschine mit dem für die Zeit üblichen Riemenantrieb." - Danke Thomas
Nachtrag:
Leser Thomas hat folgenden Kommentar hierzu hinterlassen: "Das aufwändige Gerät rechts auf dem "Uhrwerk" Bild ist ganz schlicht, eine Drehmaschine mit dem für die Zeit üblichen Riemenantrieb." - Danke Thomas
Über diesen Zahnradmechanismus werden die Uhrzeiger draußen am Turm bewegt.
Der Scout erhielt auch die Gelegenheit, zu Fuß bis ganz nach oben in den Turm zu steigen. Die letzten 8 bis 9 Stockwerke gibt es keinen Fahrstuhl mehr, sondern diesen Weg muss man zu Fuß zurücklegen. Das erinnert mich an den Besuch im Empire State Building dieses Jahr im September, als wir die letzten Stockwerke auch jeweils zu Fuß zurückgelegt haben, um den Besuchermassen vor den Fahrstühlen zu entkommen. Allerdings war das Treppenhaus im ESB nicht ganz so spektakulär wie hier. Andererseits ist es das Treppenhaus oben im ESB, das ist ja auch etwas besonderes. Zurück zum Metropolitan Life Tower. Bevor wir im Inneren hochsteigen, wollen wir nochmal einen Blick von draußen draufwerfen:
Mit Blick auf das halbkreisförmige Fenster würde ich sagen, dass wir uns auf dem ersten Foto schon irgendwo in dem pyramidenförmigen Dach befinden.
Bei den Eisengeländern hat man sich jedenfalls auch in der Höhe noch ordentlich Mühe gegeben und auch die Oldschool-Fliesen auf den Fußböden sind erhalten geblieben.
Mit zunehmender Höhe scheinen die Fußböden aber immer seltener gereinigt zu werden.
Ein zartpastellrosafarben gestrichenes und weiß verfliestes Treppenhaus führt uns aus dem pyramidenförmigen Dachabschnitt hinaus und wir betreten den engen säulenförmigen Abschnitt, dort wo außen die Turmglocken angebracht sind.
Und nach einem beschwerlichen Aufstieg gelangen wir endlich in die Spitze des Turms, in jenen kleinen kreisförmigen Raum unter der goldfarbenen Kuppel, durch dessen halbkreisförmige Fenster ein 360-Grad-Rundum-Blick möglich ist.
Der Blick in nördliche Richtung:
Der Blick hinunter in den Süden Manhattans:
und zum Schluss der Blick nach Süd-Osten (ursprünglich stand hier mal Süd-Westen, aber ein Leser hat mich zu Recht auf das Flatiron Building hingewiesen, das man in der Mitte unten sieht und das bekanntermaßen östlich vom Metropolitan Life Tower steht):
Großartiges Bildmaterial, vielen Dank an Scout dafür, dass er dieses im Netz zugänglich gemacht hat. Hier endet die Reise auf das ehemals höchste Gebäude der Welt mit Standort am Madison Square Park.
Im Kommentarbereich zu dem Originalbeitrag auf Scouting New York bin ich noch auf eine kleine tragische Geschichte gestoßen, die wunderbar zu Halloween passt.
Im Kommentarbereich zu dem Originalbeitrag auf Scouting New York bin ich noch auf eine kleine tragische Geschichte gestoßen, die wunderbar zu Halloween passt.
Im Mittelpunkt ein 15jähriger Junge, ein Ink Eraser und ein Horde kußwütiger junger Mädchen. Und das Ende der Geschichte: ein totes Geburtstagskind. Fangen wir mal mit dem Ink-Eraser an. Der gehörte vor 100 Jahren offenbar zur üblichen Büroausstattung und war eine Art Messer, mit dem bei Fehlern die Tinte wieder vom Papier gekratzt wurde. Ich habe auch Exemplare gesehen, bei denen Ink-Eraser und Brieföffner in einem Teil kombiniert waren.
Gehen wir nun hinüber zu dem Grabstein, der die letzte Ruhestätte von George Spencer Millet, geboren am 15. Februar 1894, gestorben am 15. Februar 1909, schmückt. Und der detailiert Auskunft gibt, wie der Tote im Grab sein Leben verloren hat.
Zuletzt noch ein zeitgenössischer Zeitungsartikel, der sich mit den Ereignissen am 15. Februar 1909 befasst. Einen ausführlicheren Artikel aus der New York Times findet man ganz unten unter den Quellen.
Demzufolge war George Spencer Milett, ein Bürojunge, der im dritten Stock des neuen Metropolitan Life Towers arbeitete, auf der Flucht vor 6 Mädchen, die ihm zu seinem 15. Geburtstag einen Kuß "schenken" wollten, gestürzt. Bei diesem Sturz war unglücklicherweise das oben beschriebene Gerät namens "Ink Eraser" nahe der achten Rippe in seinen Brustkorb eingedrungen, hatte das Herz getroffen und ihn tödlich verwundet. Und wer jetzt nicht ein breites Grinsen auf seinem Gesicht hat, der lügt.
http://www.scoutingny.com/?p=1808
http://theboweryboys.blogspot.com/2010/03/pre-existing-conditions-met-lifes.html
http://www.shorpy.com/node/8784
http://www.nyc-architecture.com/GRP/GRP019.htm
http://en.wikipedia.org/wiki/Ink_eraser
http://query.nytimes.com/gst/abstract.html?res=9C07E5D81031E733A25755C1A9649C946897D6CF
Das aufwändige Gerät rechts auf dem "Uhrwerk" Bild ist ganz schlicht, eine Drehmaschine mit dem für die Zeit üblichen Riemenantrieb.
AntwortenLöschenDanke, the view labelled to the south-west is in fact to the south-east. Not the triangular facade of the Flatiron Building which stand at the intersection of Fifth Avenue and Broadway and crossed by 22nd Street.
AntwortenLöschenhttp://en.wikipedia.org/wiki/Flatiron_Building
The Metropolitan Life Tower stands 1.2 block north of 23rd street. I lived for years at the corner of 23rd Street and Park Avenue South and had a lovely view of the towere each day and night.
celtic gods, you are right and I was wrong. Sorry - sometimes I have my problems with left and right, seems that there are also problems with east and west :-)
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