Bei der Suche nach etwas anderem bin ich auf dieses Bild gestoßen, das ein lange vergangenes Unglück in New York City abbildet, welches sich am 30. Juli 1871 am Südende von Manhattan ereignete. Benannt wurde es nach dem Schiff, welches hier zu Schaden kam: Westfield Disaster.
Bilder: Google und NYPL Digital Gallery
Während der 1850er entwickelte sich Staten Island rasch fort und mit dieser Entwicklung wuchs auch die Bedeutung der Staten Island Fähre. Aber der schlechte Zustand der Boote war eine Quelle für permanente Beschwerden, ebenso wie der begrenzte Zeitplan. Die Inbetriebnahme der Staten Island Eisenbahn 1860 erhöhte das Verkehrsaufkommen noch weiter und neue Boote wurden erworben und nach Städten aus Richmond County benannt, welches die ganze Insel bedeckt. Eine dieser Fähren, die Westfield, wurde zu einem Ort der Trauer, als ein Dampfkessel am Nachmittag des 30. Juli 1871 gegen halb zwei explodierte, während sie in ihrer Bucht am South Ferry Terminal lag. Innerhalb weniger Tage nach dem Unglück waren 85 Tote und Hunderte Verletzte identifiziert, weitere wurden noch in den Wochen danach zur Totenliste hinzugefügt. Jacob Vanderbilt, der Präsident der Staten Island Railway, wurde wegen Mordes in Haft genommen, entkam aber einer Verurteilung. Der Ingenieur der Westfield war ein Schwarzer, was zu offen rassistischen Kommentaren in den New Yorker Zeitungen motivierte, obwohl Vanderbilt seinen Mitarbeiter tapfer verteidigte. Die Opfer des Unglücks wurden niemals für die erlittenen Verluste entschädigt.
Ein paar zusätzliche Informationen und Details findet man hier:
http://ahistoryofnewyork.com/2008/07/the-westfield-disaster/
Weil am 30. Juliu für einen normalen Sonntag Nachmittag ein ungewöhnlich hoher Andrang herrschte, wurde zusätzlich der holzverkleidete Raddampfer Westfield II in Betrieb genommen (eine frühere Fähre namens Westfield war unter den dreien, die von der Union während des amerikanischen Bürgerkriegs requiriert wurden. Sie kehrte niemals wieder in den Fährdienst zurück). Als die Westfield II sich kurz nach 1:00 Uhr mittags für das Ablegen bereit machte, versammelten sich die Passagier am Bug und blickten nach Staten Island hinüber. Leider befanden sich an diesem Ende des Schiffes auch die Kohlenbunker und Kessel der Westfield II und als um 1:27 Uhr einer der Kessel explodierte, wurden 66 Passagiere unmittelbar getötet und 200 verletzt. 59 von den Verletzten sollten schließlich auch noch sterben.
Der offizielle Bericht, gefertigt am 16. August vom Steamboat Inspection Service für das U.S. Finanzministerium, enthielt die Aussage des Leiters der Fährgesellschaft, James Braisted, der sagte, dass es keine unübliche Praxis war, den Dampfdruck höher zu fahren, als im Zertifikat des Prüfers vorgesehen war und dass er schon häufiger seine Ingenieure rügen musste, weil sie mit dem Dampfdruck über das hinausgingen, was durch das Gesetz erlaubt war. Im Fall der Westfield II war der Ingenieur an diesem Tag, Henry Robinson, ein Mann, der keine Ingenieurslizenz besaß und der weder lesen noch schreiben konnte, was es ihm auch unmöglich machte, das Zertifikat des Prüfers zu lesen. Der offizielle Bericht machte Braisted dafür verantwortlich, einen unqualifizierten Ingenieur beschäftigt zu haben. Der Umstand, dass es sich bei dem Ingenieur auch noch um einen schwarzen Mann handelte, führte zu offen rassistischen Kommentaren in den Zeitungen der Stadt während der folgenden Tage.
Kurz bevor die Westfield II 1916 verschrottet wurde, veröffentlichte die New York Times eine Geschichte über eine der Überlebenden des Unglücks, Mrs. Abbie Cowan Phillips, die sich mit ihrem Gatten, zwei kleinen Kindern und den Großeltern väterlicherseits in einem geschlossenen Wagen auf der Fähre befand, als sich das Unglück ereignete. Durch ihren Sohn sprechend, erinnerte sich Mrs. Phillips an das Ereignis: Mr. Phillips sagt, dass sich seine Mutter immer noch an die grauenhaften Szenen erinnern kann, als das Boot unterging, aber die klarste von allen Erinnerungen betrifft den Teil, den ihre eigene Familie in der Tragödie spielte.
Die beiden kleinen Kinder und die Großeltern starben bei dem Unglück. Mr. und Mrs. Phillips wurden in das gleiche Hospital überführt, aber in unterschiedlichen Räumen einquartiert. Die Frau hatte schreckliche Verbrennungen erlitten und sie unterzog sich einer der ersten Hauttransplantations-Behandlungen. Mrs. Phillips war mitgeteilt worden, dass ihr Ehemann überlebt habe, aber sie glaubte, dass die Ärzte sie täuschten. Tatsächlich war ihr Ehemann bei dem Unglück erblindet, aber die Verantwortlichen im Krankenhaus fürchteten sich davor, sie hierüber zu informieren. Als sich Mrs. Phillips erholte, wurde ihr erlaubt, von Station zu Station zu wandern. Als sie eines Tages unterwegs war, vernahm sie die Stimme ihres Ehemanns, der nach einer Schwester rief. Sie eilte zu ihm und Mr Phillips schlang seine Arme um sie und, wegen des Schocks und der Aufregung durch die Wiederbegegnung, erhielt er plötzlich sein Augenlicht zurück. Nachdem die Ärzte bereits für einige Zeit ihre Hoffnung aufgegeben hatten, lebte Mr. Phillips noch zwanzig Jahre lang nach dem Unfall.
Die Westfield II wurde zuletzt als Lazarettschiff verwendet. Im Anschluss an das Unglück möchte ich noch einen kurzen Blick auf die Fährverbindung werden, die dort zwischen der Südspitze von Manhattan und Staten Island eingerichtet war. Auf dieser bereits bekannten Luftaufnahme von Manhattan zu Anfang der 1870er sieht man an der Südspitze rechts den Unglücksort.
Eine sehr alte Abbildung des South Ferry Terminals sehen wir hier, datiert auf das Jahr 1828:
Hier sehen wir das South Ferry Terminal im Jahr 1875:
Zum Schluss gibt es noch eine kleine Sammlung von Stereo Cards aus den 1860ern und später, die historische Ansichten der Staten Island - Fähren oder ihrer Anlegestelle für die Nachwelt erhalten haben.
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