Dienstag, November 14, 2006

Blackout in Manhattan

Kapitel 48


Gerade erst vor einer Woche hat es in Westeuropa einen großen Blackout gegeben, der offenbar in Deutschland ausgelöst wurde und sich dann in mehreren Westeuropäischen Staaten fortsetzte. Eine gute Gelegenheit, an den 13.07.1977 zu erinnern, der Tag, an dem in Manhattan für 25 Stunden die Lichter ausgingen.

Xaver Frühbeis schrieb für die Sendung "Kalenderblatt" bei Bayern2Radio zum großen Blackout von New York folgendes:

Am Abend des 13. Juli 1977 befand sich der englische Kameramann Geoffrey Unsworth in New York. Er bereitete den nächsten Drehtag für den Film "Superman" vor. Unsworth schloss einen großen Scheinwerfer an den Strom an, da machte es "plop" und mit einem Schlag war alles finster. Die Straße, das Stadtviertel, ganz New York lag im Dunkeln. Unsworth erschrak, er dachte, er habe den Stromausfall verursacht.
Aber nicht Unsworth war es gewesen, sondern ein Blitz. Der hatte in ein Transformatorhäuschen am Hudson River eingeschlagen und zwei Sicherungsschalter außer Gefecht gesetzt. Weil bei einem der Schalter eine Mutter lose war, schnappte er nicht wieder zurück, und von da an wurde im Transformatorenhäuschen nichts mehr transformiert. Die restlichen Generatoren und Leitungen waren überlastet, um 9 Uhr 27 schaltete sich New Yorks größtes Stromkraftwerk automatisch vom Netz, und die Stadt versank im Dunkeln. "Strom" heißt im Amerikanischen "Power". "Power" bedeutet aber nicht nur "Strom", sondern auch "Kraft" und "Stärke". Wer keinen Strom hat, der ist "powerless", "kraftlos". An diesem 13. Juli begann für New York völlig überraschend eine fünfundzwanzigstündige Zeit der Kraftlosigkeit. Ampeln, U-Bahnen, Klimaanlagen, alles stand still. Viele Menschen spazierten zu Fuß durch die Stadt. Es war erstaunlich: Mitten in New York konnte man den Sternenhimmel sehen. In Greenwich Village stellten die Leute Kerzen auf die Straßen und batteriebetriebene Radios, um Musik zu hören. Nachbarn brachten Bänke und Essen und Trinken, und die Nacht geriet zu einem großen Freundschaftsfest. So war das in Greenwich Village.In anderen Stadtteilen war es anders. In den Problemvierteln von Harlem, Brooklyn und der Bronx nutzten viele Menschen die Anonymität der Finsternis. Sie warfen Steine in Schaufenster, stiegen in die Läden und nahmen sich, was ihnen gefiel: Lebensmittel, Fernseher, Möbel, Kleidung, einem Autohändler wurden 50 Autos gestohlen. In dieser Nacht legten Brandstifter über tausend Feuer, es brannten Autos, Busse, Läden und Häuser, die Polizei, machtlos gegen dieses Aufbranden von Gewalt, nahm knapp 4000 Menschen fest, es war die größte Massenverhaftung in der Geschichte New Yorks.Den ganzen nächsten Tag war die Stadt ohne Strom: powerless, kraftlos, hilflos. Die New Yorker fragten sich, wie es möglich war, dass ein paar gezielte Blitzschläge die Stromversorgung einer Millionenstadt derart lahmlegen konnten. Der Stromversorger selbst wies selbstverständlich jede Schuld von sich: Blitzschläge kämen von oben und seien als eine Art direkte Einwirkung Gottes zu betrachten. Erst kurz vor elf Uhr nachts, mehr als 25 Stunden, nachdem Unsworth seinen Stecker eingesteckt hatte, gelang es, die Stadt wieder vollständig ans Netz zu bringen. Die Lichter kamen zurück, die Klimaanlagen surrten wieder, und New Yorks Power war wiederhergestellt. Dieser 14. Juli jedoch und besonders die Nacht zuvor, mit ihren Plünderungen, Brandstiftungen und Ausschreitungen, gilt bis heute, nach "Nine Eleven", dem 11. September 2001, als eine der dunkelsten Stunden in der Geschichte New Yorks.

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