Sonntag, Dezember 15, 2013

NYC by Nick DeWolf October 1970 - Part 1


Vor zwei Jahren habe ich eine ganze Reihe von Beiträgen veröffentlicht, die auf Material aus dem Flickr-Photo-Stream von Nick DeWolf aufbauten, einem 2006 verstorbenen amerikanischen Unternehmer und Hobbyfotografen, der Unmengen von Bildern aufgenommen und Hinterlassen hat. Darunter auch einiges an Bildmaterial aus New York City. 

Den Photostream auf flickr findest Du hier: http://www.flickr.com/photos/dboo/

Eine Übersicht mit Material, das hier im Blog mit Material aus dieser Bildersammlung veröffentlicht wurde, findest Du hier: http://nygeschichterucksack.blogspot.de/2011/11/nick-dewolf-1928-2006.html

In diesem Teil sehen wir Bilder, die Nick DeWolf im Oktober 1970 bei einem abendlichen Besuch am Times Square in Manhattan aufgenommen hat. Wir starten mit einer Reihe von Aufnahmen, die eine Straßenverkäuferin am Times Square zeigen:






Das nächste Bild zeigt einen sogenannten "Convenience Store". Den Auslagen nach wird dort die Art von Plunder verkauft, den die Welt nicht braucht, der von Touristen aber dankbar angenommen wird. Ich erkenne Gruselmasken, Freiheitsstatuen, Bierseidel und Peace-Zeichen. Das Vorhandensein der Friedenssymbole ist dann doch schon wieder interessant und in dem damaligen zeitgeschichtlichen Kontext zu sehen, als der Vietnamkrieg die Meinungen in der amerikanischen Nation scharf spaltete.



Auch 1970 gab es schon Ballerspiele für die Schießwütigen, damals tobte man sich aber noch nicht in computergenerierten Szenarien aus, sondern mit echten Gewehren oder Maschinengewehrattrappen an vorsintflutlich anmutenden Spielautomaten, also Ego-Shooter schlechthin.




Hier hat Nick DeWolf genau den Schauplatz aufgenommen, den wir uns erst vor kurzem in dem Beitrag über das "New Amsterdam Theatre" genauer angesehen haben: die 42nd Street mit ihren zahlreichen Kinos. Diese Kulisse finde ich nach wie vor großartig, weshalb ich hier auch mal ein etwas genaueres Augenmerk drauf richten werde.






Zu sehen ist hier ausschließlich die Nordseite der 42nd Street zwischen 7th Avenue / Times Square und 8th Avenue. Man kann das unter anderem an dem Filmtheater namens "LYRIC" erkennen, dem späteren Pornokino, das in "Taxi Driver" (1976) eine bedeutsame Rolle gespielt hat und das sich schräg gegenüber vom New Amsterdam Theatre befand, welches wiederum seinen Standort an der Südseite der 42nd Street hatte.




1970 wurden im LYRIC aber offensichtlich noch keine Pornofilme gezeigt, denn auf dem Programm steht ein Filmdrama namens "R.P.M." (1970), in dem Anthony Quinn mitspielte.



Außerdem war noch "Looking Glass War" auf dem Programm, ein Spielfilm aus dem Jahr 1969 nach einem Roman von John Le Carré, auf deutsch "Krieg im Spiegel". In diesem Spionagethriller scheint auch ein noch junger Anthony Hopkins mitgespielt zu haben:



Allerdings kann es nicht mehr allzu lange gedauert haben, bis der Schwerpunkt dieses Kinos in Richtung Erwachsenenfilme umgekippt ist. Die Fotos stammen - wie gesagt - vom Oktober 1970 und der Spielfilm "Taxi Driver" 1976 wurde in den USA im Februar 1976 veröffentlicht, also stammen die Aufnahmen im Film wohl aus dem Jahr 1975. Der Wechsel von regulären Filminhalten zu strengstem Jugendverbot hat also irgendwann zwischen 1971 und 1975 stattgefunden. 

Das LYRIC war nicht das einzige Kino an der Nordseite der 42nd Street, das den Schwerpunkt seines Programms in Richtung XXX-Rating verlagerte. Schauen wir uns mal an, was 1970 in den anderen Kinos so im Angebot war.

In dem weit westlich gelegenen Kino mit dem Namen "Brandt's Selwyn" liefen ebenfalls zwei Filme, "The Bird With The Crystal Plumage" und "Hammerhead".



Bei "The Bird With The Crystal Plumage" (dt. Titel: Das Geheimnis des schwarzen Handschuhs) aus dem Jahr 1970 handelt es sich den Debutfilm des italienischen Regisseurs Dario Argentio, einem frühen Vertreter des "Giallo"-Genres. Vorsicht, der Trailer ist ziemlich blutig und gewalttätig!



"Hammerhead" ist ein britischer Thriller aus dem Jahr 1968:



Das "Brandt's Selwyn" scheint ein ziemlich großes Theater bzw. Kino gewesen zu sein, denn auch das nächste Marquee in östliche Richtung trägt noch den Namen des Kinos. In diesem Teil werden folgende Filme vorgeführt: "Quackser Fortune Has a Cousin in the Bronx" und "It Won't Rub Off Baby". 



"Quackser Fortune Has a Cousin in the Bronx" ist eine amerikanische Komödie aus dem Jahr 1970 mit Gene Wilder in der Hauptrolle.



Bei "It Won't Rub Off, Baby" handelt es sich um einen Alternativtitel des amerikanischen Spielfilms "Sweet Love, Bitter" aus dem Jahr 1967, der lose auf der Lebensgeschichte des Jazzmusikers Charlie Parker beruht.



Zwischen dem "Brandt's Selwyn" und dem "LYRIC" liegt noch das "APOLLO", das wir uns als nächstes anschauen werden:




Den oder die Filmtitel muss man sich aus beiden Fotos zusammenbasteln. Ich lese da folgende Zeilen: "Women Warriors vs an Empire", "Amazons of Rome" und "Incident", "At Phantom Hill". Das könnten auch zwei Filmtitel sein. Also mal schauen.

"Amazons of Rome" scheint mir ein italienischer Spielfilm aus dem Jahr 1961 gewesen zu sein, ein Vertreter der damals ziemlich populären Sandalenfilme:



Bei "Incident at Phantom Hill" handelt es sich um einen Western aus dem Jahr 1966:



Östlich vom LYRIC finden wir ein weiteres Kino mit dem Namen "VICTORY", in dem ebenfalls zwei Filme auf dem Programm stehen: "Hot Spur" und "Massacre of Pleasure".




Laut der Beschreibung bei cinematreasures.org war das "VICTORY" das erste Filmtheater an der 42nd Street, das auf die Aufführung von Pornofilmen umstellte, als in den 1970ern der Stern der 42nd Street als Kinomeile zu sinken begann.

Ebenso wie beim LYRIC entstand die Aufnahme von Nick DeWolf vor dem Zeitpunkt des Wechsels. "Hot Spur" ist ein Western aus dem Jahr 1968, dt. Titel "Heiße Sporen". Vorsicht, der Ausschnitt zeigt deutlich, welche Art von Schund dieser Film ist, es geht ziemlich übel zur Sache. Das dürfte so die Schublade Exploitation oder Sexploitation sein. Später hat der Regisseur auch Naziexploitationfilme gedreht, das ist im Prinzip die gleiche Masche, nur in einem anderen historischen Umfeld. Also nochmal, Vorsicht! Das VICTORY war also Anfang der 1970er auf jedenfall schon ein Grindhouse.



"Massacre of Pleasure" geht in eine ähnliche Richtung. Bei diesem Machwerk handelt es sich um einen französischen Sex and Crime-Film aus dem Jahr 1966, der zum Zeitpunkt seines Erscheinens als ziemlich wüst wahrgenommen wurde. "Massacre pour une orgie" ist der Originaltitel.



Ganz in der Nähe des Times Squares befindet sich noch ein weiteres Kino, das aber nur am Rande auf den Fotos erfasst ist:



Dabei handelt es sich um das "RIALTO THEATRE", das im Gegensatz zu den anderen Theatern heute nicht mehr vorhanden ist, denn dort steht seit mehr als 10 Jahren das "Reuters Building". Auch das RIALTO zeigte ab den 1970ern "Dirty Movies".

Leider sind die Filmtitel hier nur unvollständig lesbar. Bei "of RRIAGE" könnte es sich um den amerikanischen Film "The Art of Marriage" aus dem Jahr 1970 handeln, ein No-Budget-Film des Broadwayregisseurs und späteren Horrorfilmers Sean Cunnigham, der mit "Freitag der 13." bekannt wurde. Filmmaterial konnte ich leider nicht finden.

Noch schwieriger ist die Klärung der Frage, welcher Film sich hinter "ND STUD" verbirgt. Mein Tipp ist der folgende: dahinter verbirgt sich "The Party at Kitty and Stud's" aus dem Jahr 1970, der hier vielleicht auf "Kitty and Stud" reduziert war. Bei diesem Film handelt es sich um jenen berühmt-berüchtigten Sexfilm, in dem der spätere Weltstar Sylvester Stallone sich äußerst freizügig gab. Die übliche Geschichte, er war jung und brauchte das Geld. 



Das RIALTO scheint also schon 1970 sehr nah an der filmischen Zukunft der gesamten Straßenseite operiert zu haben. Interessant ist auch das Ost-West-Gefälle insgesamt. Schon 1970 kann man feststellen, dass die Qualität der Filme in den Kinos an der Nordseite der 42nd Street übler wird, je weiter man sich nach Osten zum Times Square hinbewegt.

Weiter geht es mit den Aufnahmen von Nick DeWolf. Auf dem nächsten Bild wurde das Schaufenster eines Schund und Rummelladens festgehalten, der auch an der 42nd Street lag, wahrscheinlich an der Südseite. Ob es sich dabei um den gleichen Laden handelt, den wir anfangs schon mal gesehen haben, kann ich nicht sagen. Es wäre aber nicht ungewöhnlich, wenn an dem Touristenmagneten Times Square mehr als ein Andenkenladen zu finden war.



Die folgenden zwei Fotos entstanden im Eingangsbereich eines weiteren Kinos. Der Film, der dort gespielt wurde, hieß laut Bildbeschreibung "C.C. and Company".




Standfotos des Films sieht man jeweils in der oberen Bildhälfte. Diese lassen bereits erahnen, dass es sich bei dem Werk aus dem Jahr 1970 um einen Motorrad-Film handelt. 



Mit dem letzten Foto kehren wir noch einmal zum Ausgangspunkt des Beitrags zurück.



Denn vor diesem Lokal, in dem so leckere Gerichte wie Thunfischsalat oder Pastramibrote angeboten werden, haben wir schon einmal gestanden, als der Blick auf die Straßenhändlerin vor dem Schaufenster fiel:



Ein Kommentator hat bei flickr darauf aufmerksam gemacht, dass man bei dem Restaurantbild in der Schaufensterscheibe die Reflektion der Werbetafeln eines gegenüberliegenden Kinos erkennen kann. 



Links sieht man den Film "Lovers and Other Strangers" aus dem Jahr 1970, dt. Titel "Liebhaber und andere Fremde".



Rechts spiegelt sich der Western "Monte Walsh" aus dem Jahr 1970, in dem der auf dem Marquee genannte Lee Marvin und auch Jack Palance mitspielten. 



Was es mit der anderen Reflektion links im Bild auf sich hat, da bin ich nicht hintergekommen. Wer also ein Rätsel sucht, kann sich ja mal daran versuchen. Viel Glück!



Und mit diesem Rätsel endet die Zeitreise an den Times Square und die 42nd Street zu Beginn der 1970er und zu den Filmen, die damals an dieser Kinomeile so auf dem Programm standen. 

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.


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