Nachdem letzte Woche wegen des traditionellen Weihnachtsstammtisch kein neuer Beitrag mehr möglich war, wollten heute so viele Schneemänner gebaut werden, dass es beinahe wieder nicht funktioniert hätte. Deshalb gibt es heute keine großen Experimente, sondern solide Kost, nämlich eine neue Folge von Comparing Old and New.
Ältere Folgen von COaN findest Du hier:
Grundlage sind wie immer die Veröffentlichungen in der FB-Gruppe "Dirty Old 1970's New York"
Foto Nummer 1 (oben) führt uns schon mal nicht in die 1970er, sondern in das Nachfolgejahrzehnt. 1985 hat Matt Weber diese Aufnahme an der Eighth Avenue auf Höhe der 43rd Street mit Blick nach Norden geschossen, also einen Block westlich vom Times Square, aber noch so ziemlich mitten im Amüsierviertel "The Deuce"
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Der Block, der vor 33 Jahren photographiert wurde, ist noch nicht komplett neu bebaut worden, allerdings scheint die Zeit dort auch nicht stehen geblieben zu sein.
Also, auf dem Ausgangsphoto kann ich folgende Anwohner erkennen: Links außen O'DONNELL'S, was möglicherweise eine Art Automatenhalle war, ein Kommentator berichtet, dass er dort eine Menge Münzen gelassen hat. Daneben das PANTHEON RESTAURANT, an das sich noch einige Kommentatoren erinnern können als ein preiswertes und gutes Restaurant mit griechischer Küche. Dahinter wird es etwas unklar, direkt neben dem PANTHEON wird noch Kartenlesen angeboten. Hinter dem Pavillon vom PANTHEON RESTAURANT sieht man das Marquee eines Kinos namens "THE CAMEO", das mit ziemlich großer Wahrscheinlichkeit Erwachsenenfilme aufführt. Dahinter wiederum gibt es noch Live-Shows mit Mädchen und und und. Oder, wie einer in den Kommentaren schreibt: pretty gritty.
In der Gegenwart sehen wir folgendes: PORT DELI, ein Tabakwaren- und Lottogeschäft, dann MAOZ, eine Falafel-Schmiede, dann ein leerstehendes Geschäft und im Anschluss ein Geschenkeladen.
Nördlich nebenan folgt THE PLAYPEN, ein Amüsierladen und daneben SATIN DOLLS, ein Herrenclub.
Und danach sieht man ein relativ neues Bauwerk, in dessen Erdgeschoss sich SHAKE SHACK befindet, also ein Laden, der Mischgetränke verkauft.
Bei dem Stichwort "Playpen" fällt mir was ein, weil ich in diesem Blog bisher nur ganz selten über Kinos geschrieben habe, die auf der Suche nach Nischen zum Überleben ihren Schwerpunkt auf die Vorführung von Schwulenpornos gelegt haben. Über das Playpen, auf das dieses zutrifft, habe ich vor einigen Jahren mal geschrieben.
Allerdings ist das alte Playpen, das als Kino auf eine lange wechselhafte Geschichte bis 1916 zurückblickte, nicht identisch mit jenem Playpen, welches man jetzt an der Eighth Avenue findet.
Dafür sind aber zwei andere Dinge identisch: nämlich das alte PLAYPEN mit dem Kino THE CAMEO, das man auf dem Ausgangsfoto sieht. Zunächst mal der Blick ins Innere, Ideal Theater ist ein noch früherer Name vor dem The Cameo.
Am Anfang - wie erwähnt - das IDEAL THEATER:
Später dann lange Zeit das THE CAMEO:
Noch später das PLAYPEN:
Und gegen Ende schließlich das ADONIS, mit dem oben beschriebenen besonderen Filmprogramm:
Ok - kommen wir jetzt wieder zum Ausgangsfoto zurück:
In meinem Beitrag von 2011 habe ich noch dieses Foto entdeckt, dass schon mal ganz gut passt, weil es etwa zur gleichen Zeit aus einem anderen Blickwinkel auf die gleiche Kulisse blickt:
Im Hintergrund taucht wieder das PANTHEON RESTAURANT auf und auch O'DONNELL'S lugt als Reklameschild noch hinter dem Restaurantschild hervor.
Auch bei den Cinematreasures habe ich noch ein Bild gefunden, das ich bisher nicht gezeigt habe, 1985 aufgenommen, das einige Fragen klärt, die durch die Perspektivenverschiebung auf dem Ausgangsfoto offen geblieben sind.
Das PANTHEON RESTAURANT befand sich also an der Adresse 689 8th Avenue, daneben gab es Erwachsenenunterhaltung im PARADISE ALLEY und dann schloss sich auch schon das Kinogebäude des CAMEO an.
Das neue PLAYPEN befindet sich in dem Haus Nummer 687 8th Avenue:
Das PANTHEON RESTAURANT hatte seine Räumlichkeit im Haus Nummer 689 (mit Feuertreppen), das hat uns das 1985er-Foto verraten. Also ist das neue PLAYPEN in dem Haus, in dem sich auf dem Ausgangsfoto links außen das O'DONNELL'S befunden hat.
Und das PANTHEON RESTAURANT befand sich dort, wo heute die SATIN DOLLS tanzen bzw. wo auf der Momentaufnahme von 2014 noch der DIAMOND CLUB residierte.
Und das bedeutet zugleich, dass alles, was nördlich vom PANTHEON RESTAURANT stand, abgerissen wurde, um Platz für das Hochhaus zu schaffen, in dessen Erdgeschoss man sich im SHAKE SHACK die Mischgetränke reinschrauben kann.
Zum Abschluss noch der Versuch, das Ausgangsfoto im Street View nachzuvollziehen:
Links:
Kommen wir zu Photo Nummer 2. Aufgenommen von David McReynolds im Jahr 1978 auf der Lafayette Street an der Bleecker Street mit Blick nach Norden.
Der Aufnahmeort ist dieses Mal nicht SoHo (South of Houston Street), sondern knapp darüber, also NoHo, aber immer noch im Süden von Manhattan.
Der Photograph dürfte bei der Aufnahme des Ausgangsfotos ungefähr hier gestanden haben:
Dabei wurden die Fassaden der folgenden, immer noch vorhandenen Häuser an den Ecken Lafayette / Bleecker Streets, Lafayette Street / Jones Alley und Lafayette / Bond Streets erfasst:
Die Häuser sind in der Gegenwart wieder mehr herausgeputzt und nicht mehr so gammelig wie vor 40 Jahren, aber ansonsten stellt die Zuordnung kein großes Problem dar:
Dazu passt noch diese Aufnahme von 1934, die zeigt, dass sich mal abgesehen von den Autos an der Ecke Lafayette / Bleecker wirklich nicht soviel geändert hat:
Die Lafayette Street hieß nicht immer so, sondern zu Beginn des 20. Jahrhunderts trug sie noch den Namen "Elm Street", also Ulmenstraße. Die nachfolgenden Aufnahmen blicken in den Jahren 1900 und 1901 die Elm Street von der Bleecker Street aus hinauf und dokumentieren umfangreiche Bauarbeiten im Untergrund unter der Straße. Mit großer Wahrscheinlichkeit handelt es sich bei den Bauarbeiten um die Konstruktion der ersten regulären U-Bahn-Linie in New York, der IRT, die 1904 in Betrieb genommen wurde.
Diese beiden Gebäude findet man auf dem 1900er und 1901-Foto jeweils rechts wieder, sie bieten eine gute Orientierungsmöglichkeit.
Die nächsten zwei Aufnahmen wurden 1901 von einem Ort weiter südlich und nahe der Houston Street aus aufgenommen, ebenfalls während des U-Bahn-Baus:
Diese Aufnahmen sind insofern interessant, weil sie zeigen, wie die Straßenecke auf dem Ausgangsfoto zur vorletzten Jahrhundertwende ausgesehen hat und dass direkt an der Ecke damals noch ein anderes höheres Haus gestanden hat, während der Rest der Häuser offenbar noch aus dem 19. Jahrhundert stammt.
Zuletzt noch ein Exkurs in ureigener Sache.
Ich habe in der Vergangenheit hier im Blog immer mal wieder Berichte über die Kneipe "Puck Fair" (1999-2016) eingestreut, in der ich zweimal zünftig abgestürzt bin, zuletzt 2015. Und die stand ebenfalls an der Lafayette Street, unmittelbar südlich der Houston Street.
Sowohl das Puck Fair als auch die Tankstelle nebenan, die sich direkt an der Houston Street befand, waren bereits abgerissen, als das letzte Mal Daten für den 3-D-View von New York gesammelt wurden:
2009 sah es im Street View noch so aus. Das Puck Fair hat sich direkt an das rote Ziegelhaus geschmiegt, schmal, aber lang:
Und im Juli 2018 sah es dort so aus, da wird nämlich ein modernes Apartmenthaus errichtet.
Wer noch mehr über das Puck Fair nachlesen möchte, kann das hier tun:
Ok, einen mach ich noch. Drittes und letztes Ausgangsfoto:
Nochmal 1978, führt uns dieses Photo aber aus Manhattan raus und rüber nach Brooklyn, wo es an der Hausnummer 1305 West 7th Street aufgenommen wurde.
Tauchen wir mal hinab in das tiefste Brooklyn...
Bei dem markanten roten Streifen, den man von hier oben am Gebäude entlang sieht, handelt es sich um eine Markise. Wenn man runter auf die Straße geht, kann man feststellen, dass das Gebäude in der Gegenwart als ostasiatischer Gemüsemarkt genutzt wird:
Letztendlich sind es neben der Fassadenfarbe aber vor allem die Ornamente an dem Fenster im ersten Stock, die Gewissheit bringen, dass wir an dieser Stelle richtig sind:
Und deshalb werde ich mal 40 Jahre überbrücken und Gegenwart und Vergangenheit gegenüberstellen:
Aber der Gemüsemarkt scheint mir noch ziemlich neu zu sein...
... und siehe da, im September 2014 wurde hier noch renoviert und umgebaut:
Vorher hat das Gebäude wohl einige Zeit leergestanden, daher hat ihm die Renovierung und die Wiederinbetriebnahme sichtbar gut getan (Juni 2012, Oktober 2013, Juni 2016):
Was man dem Ort aber nicht auf den ersten Blick ansieht und was ich auch erst aus den Kommentaren zum Photo erfahren habe, ist dass dort etwa ein Jahr, bevor das Foto aufgenommen wurde, auch ein Stück Filmgeschichte mitgeschrieben wurde.
Ein Drehort für den 1977 veröffentlichten Kinofilm "Saturday Night Fever" befand sich nämlich in dem Gebäude, das wir uns gerade genauer angesehen haben. Dabei handelte es sich um "Phillips Dance Studio", dass man hier einmal fotografiert sieht, als es noch geöffnet war und einmal, als nur noch Spuren der einstigen Werbetafel zu erkennen sind.
Im Film sieht das noch etwas anders aus dort, aber nachdem wir uns jetzt schon mit dem Ort vertraut gemacht haben, kann man es wiedererkennen.
Und wenn wir mit dem Wissen nochmal auf das Ausgangsfoto schauen, dann entdeckt man etwas, das wahrscheinlich bis dato gar nicht ins Auge gefallen ist:
Und damit soll diese Folge von Comparing dann auch ausklingen....
Wer noch nicht genug hat, kann hier nach mehr Folgen suchen:
Vielen Dank für den starken Beitrag. Das letzte Foto ist ja wirklich sehr interessant und schön recherchiert.
AntwortenLöschenDankeschön für das Lob. Freut mich, wenn Dir der Beitrag gefallen hat! Der Schaedel.
LöschenNice article as well as whole site.Thanks for sharing.
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