Sonntag, März 18, 2018

Comparing Old and New



Nach ein paar Wochen Pause ist es Zeit, wieder auf den Bildschirm zurückzukehren. Für den leichten Einstieg gibt es eine weitere Folge von Comparing Old and New. Grundlage für die Bildersuche sind wie fast immer die Veröffentlichungen in der Facebook-Gruppe Dirty Old 1970's New York.

Die bisherigen Folgen kannst Du hier im Rucksack nachschlagen:


Die erste Aufnahme oben stammt aus dem Jahr 1974, wurde von Wolfgang Jänicke fotografiert und zeigt die Canal Street auf Höhe der Lafayette Street mit Blick gen Westen. 


google maps


Die Canal Street ist eine der größeren Straßen, die den Süden der Insel Manhattan von Ost nach West und andersrum queren. Die Lafayette Street dagegen ist so angelegt, dass sie die Canal Street ungefähr im 90-Grad-Winkel kreuzt.



Ok - so sieht heute der Blick von der Kreuzung Lafayette Street / Canal Street in Richtung Westen aus:



Der Fotograf hat damals im Jahr 1974 wohl ein ziemlich großes Objektiv aufgeschraubt gehabt, denn man muss ein bisschen zoomen, bis man etwas Bekanntes aus dem Ausgangsfoto wiederfindet. 





Jenes Gebäude, das auf beiden Aufnahmen auf der südlichen Seite der Canal Street auffällt wegen des kuppelartigen Dachabschlusses, sieht - wenn man etwas näher herangeht, doch etwas anders aus als erwartet:



Dieses Gebäude ist einige Blocks vom Standort des Photographen entfernt, es steht an der Südwestecke der Kreuzung Canal Street / Hudson Street: 





Was mir allerdings Rätsel aufgegeben hat, ist dieses brückenartige Gebilde im Hintergrund jenseits des Gebäudes. 



Denn hinter dem Gebäude ist aus der Vogelperspektive nichts dergleichen zu erkennen:



Allerdings war da noch die Erinnerung an Millers Highway. Denn ähnlich wie auf der Ostseite von Manhattan mit dem FDR-Drive verlief frühere auch mal eine höher gelegte Schnellstraße auf der Westseite. 

Und siehe da, die Vermutung war richtig. Die Brücke war ein Teil des sogenannten West Side Highways, wurde 1939 in Betrieb genommen und 1982 wieder abgerissen, also ca. 8 Jahre nach Entstehung des Photos. Was sich mir allerdings nicht erschließt, ist die Antwort auf die Frage, ob diese Brücke an diesem Ort tatsächlich einen Brückenzweck erfüllt hat oder nur ein Ornament war, um den recht farblosen Millers Highway optisch ein wenig aufzumotzen.





Unter der Brücke, aber unsichtbar ein Stück unter dem Pflaster, führt übrigens die von New Jersey kommende Fahrspur des Holland Tunnels hindurch, der seit den 1920ern die Insel Manhattan mit dem Land jenseits des Hudson Rivers verbindet. 




Auf dieser Aufnahme von Lower Manhattan im Jahr 1969, die ich ebenfalls bei DirtyOld1970sNewYork entdeckt habe, kann man die verschwundene Hochstraße auf der Westseite von Manhattan noch ganz gut nachvollziehen, einschließlich der Bogenbrücke über die Canal Street:




Gehen wir nun weiter zu Foto Nummer 2, das mir etwas Kopfzerbrechen bereitet hat, aufgenommen von Jim Johnson knapp jenseits 1970er im Jahr 1981.



Kopfzerbrechen deshalb, weil das Bild an dem Kreuzungspunkt der Jay Street mit der Front Street aufgenommen worden sein sollte. Allerdings befindet sich die Jay Street im Südwesten von Manhattan und die Front Street im Südsten und es gibt irgendwie keine Aussicht, dass die beiden sich irgendwo in ihrem Verlauf kreuzen könnten.



Es gibt natürlich eine Problemlösung und die ist - wie meistens - ziemlich schlicht: falscher Stadtteil. Es waren nicht die Jay Street und die Front Street in Manhattan gemeint, sondern natürlich die in Brooklyn. Und die sind dann auch so freundlich und kreuzen sich...



.... in der Nähe der Auf- und Abfahrt zur Manhattan Bridge (über die heute wohl noch ein Halbmarathon hinüberführt, deswegen hat man da immer so violett-weiße Streckenführungen in die Karte von New York eingezeichnet).



Für uns geht es aber um die Kreuzung da unten am Parkplatz, wo tatsächlich eine Front Street eine Jay Street kreuzt. 



Man befindet sich hier in einem Viertel von Brooklyn bzw. New York, das den schönen Namen D.U.M.B.O. trägt, was wiederum für "Down Under the Manhattan Bridge Overpass" steht. 





Ok - es hat sich einiges verändert, es ist aber auch noch genug erhalten geblieben, dass man die wesentlichen Bestandteile vom 1981er-Foto wiedererkennen kann. 

Zum Beispiel trifft man immer noch auf ein Stoppschild, wenn man hier vom Süden her die Jay Street entlangkommt und auf die Front Street stößt. 

Und jenes schlichte Gebäude, das 1981 ein Restaurant mit dem Namen "Angels Heavenly Kitchen" beherbergte, steht ebenfalls noch, wurde nur in der Zwischenzeit schön bunt angemalt. 




Fünf Jahre vor dem Ausgangsfotos hat ein Steve Lombardi bereits einmal das Restaurant fotografiert, allerdings wurde damals noch nicht von den Engeln himmlisch gekocht, sondern das Versprochen des S and S Restaurant schloss nur heiße Mahlzeiten und Pepsi Cola ein. 




Heute wird dagegen bei Pedro's mexikanisch gekocht und eingeschenkt:



Zum Schluss geht es noch weiter zurück in die Vergangenheit. Die Aufnahme von 1981 und die gleiche Straßenecke im Jahr 1927. 




Ich frage mich, ob der gegenwärtige Restaurant-Schuppen und dieses Haus an der Straßenecke mit drei Stockwerken und Geschäftslokal im Keller ein und dasselbe sind. Die Anordnung der Fenster an den beiden Straßenfronten spricht jedenfalls nicht dagegen. 

Die Immobilieninformationen bei NYCityMap, die davon ausgehen, dass das Eckhaus bereits 1899 errichtet wurde, sprechen jedenfalls dafür.



Foto Nummer 3 führt uns zurück nach Manhattan und dort ganz in den Norden hinauf zur Kreuzung Cabrini Boulevard und 181st Street. Wieder verpassen wir die 1970er knapp, denn der Photograph Jeff March drückte bereits im Mondlandungsjahr auf den Auslöser.



Wir befinden uns schon wieder in der Nähe einer Brücke, dieses Mal aber die George Washington Bridge, die unterhalb des Standorts des Photographen über den Hudson River führt und die man im Bildhintergrund des Ausgangsfotos auch erkennen kann.



Hier kann man sehr schön den sanften Schwung der Straße auf dem Photo sehen und das leicht abschüssige Gelände am Ostufer des Hudson Rivers auf der Manhattan-Seite:



Auf dieser Darstellung vom Osten her kann man ganz gut nachvollziehen, welche Häuserfronten in Photographen-Nähe und welche Teile der Brückenpfeiler im Hintergrund auf der Aufnahme verewigt wurden:






Der Standort des Google-Streetview-Manns ist etwas weiter nördlich als der des Photographen, weshalb man von dem Brückenpfeiler auf Manhattan-Seite mehr und von dem auf New-Jersey-Seite hier gar nichts sieht:



Hier nochmal alt und neu zum Vergleich. Ich habe auch mal ältere Versionen vom Street View abgeklopft, aber der Google-Wagen scheint immer nur den Berg hinunter, nie aber hochgefahren zu sein:




Ich bin zur Probe nochmal die 181st Street den recht steilen Hügel hinter dem Photographen hinauf bis zur Pinehurst Avenue gestiegen...




... allerdings bekommt man auch dort oben keinen Blick auf beide Brückenpfeiler, sondern nur einen auf den Pfeiler auf der Manhattan-Seite rein:




Wenn man beide sehen möchte, bleibt nur der Weg ganz hinunter bis zum Riverside Drive, dort stehen dann keine Häuser mehr im Weg:



Bei dem Sprung in die Vergangenheit bin ich noch auf ein interessantes Fundstück aus der Kategorie "Lost Buildings" gestoßen. Diese Aufnahme von 1938 verrät, worum es geht:



Nordwestlich der besagten Kreuzung stand nämlich in der Vergangenheit mal ein Schloss oder zumindest ein Gebäude, das große Ähnlichkeit mit einem Schloss hatte. Hier noch zwei Aufnahmen vom Schloss und von dem etwas tiefer westlich am Hang gelegenen Säulengang:




Der Grund für die Aufnahme dieser Photoserie am 23. August 1938 war leider nicht so erfreulich, denn die Photos entstanden kurz vor dem Abriss des Schlosses. 




Bei dem Schloss handelte es sich um das 1908 errichtete Haus von Dr. Charles V. Paterno. Es war Paterno selbst, der den Abriss veranlasst hatte, um auf dem Grundstück ein weiteres modernes Apartmenthaus zu errichten nach dem Vorbild seiner bereits in der Nachbarschaft errichteten "Hudson View Garden Apartments". 



Auf der Karte oben von 1911 habe ich versucht, das Paterno-Schloss zu finden. Zunächst war ich davon ausgegangen, dass es sich um das Gebäude mit dem grob H-förmigen Grundriss direkt an der West 181st Street / Northern Avenue (damaliger Name) handelt. Das funktionierte aber schon mit der 1921er-Karte nicht mehr, weil dort an der besagten Ecke bereits zahlreiche Neubauten dokumentiert wurden, das Schloss aber mindestens noch solange gestanden hat, bis die George Washington Brigde 1931 eröffnet wurde. 




1930 taucht dann der Name von Dr. Paterno auf der Karte auf bei einem etwas weiter nördlich errichteten Gebäudekomplex. 



1955 sieht man dann die Neubauten, die auch heute noch dort stehen mit kreuzartigem Grundriss, das Gelände ist als Castle Village  bezeichnet.



Nur die Position des Schlosses war m.E. noch nicht zu sehen. Ich vermute fast, dass das jenseits der nördlichen Kartenränder stand. Mal schauen, ob ich weiter nördlich mehr Erfolg habe...

... da kommt eigentlich nur dieses Gebäude in Frage, ... 



... das man auch auf der 1921er-Karte findet ...



... und ebenso auf der Karte von 1930, dieses Mal ohne Nachbarhäuser weiter nördlich ....



... was aus Schlüssigkeitsgründen ganz gut in den Kram passt, denn auf den 1938er-Foto oben ...



... und auf diesem Foto aus den 1930ern gab es keine direkt nebenan gelegenen Nachbarshäuser mehr:



Verbindet man die nördliche und südliche Karte von 1930 (Plates 174 und 172), so sieht man den gesamten grundstücksübergreifenden Schlosskomplex, zu jener Zeit Anfang der 1930er, mit dem Conservatory als Schnittstelle zwischen den Karten:




Diese große Anlage mit dem Konservatorium und den Gewächshäusern südlich vom Schloss ist auf der Photoserie von 1938 ebenfalls verewigt: 



Der Vollständigkeit halber noch der Rest der Aufnahmen rund um das Paterno Castle:





Die verschwundenen Nachbarhäuser nördlich des Schlosses...

1921

... erkennt man auf dieser Aufnahme, die 1925 von einem Standort etwas weiter nördlich und etwas höher in der Nähe der Pinehurst Avenue gelegen aus entstanden ist:



Interessant finde ich, dass der Turm im Norden damals noch über einen spitzen Helm verfügte, der auf den 1930er-Fotos nicht mehr zu sehen ist. 



Ich denke, Ihr wollt noch ein bisschen mehr von dem verlorenen Schloss an den Uferhängen des Hudson Rivers sehen. Ich auch, also geht es noch weiter, zunächst mit einem Portrait von Dr. Charles Paterno aus dem Jahr, in dem das Schloss fertiggestellt wurde, sprich 1908:



Und hier sehen wir das Schloss, so wie es ursprünglich gedacht war, romantisch in den Hang über dem Fluss eingebettet, da haben bestimmt klassische Vorbilder aus Europa eine Rolle gespielt:



Die New York Times veranschaulichte in ihrer Ausgabe vom 07. Juni 1908 den Zugang zum Schloss vom Riverside Drive aus:




Im Schloss befanden sich ein Schwimmbad, ein Türkisches Bad, eine Bibliothek, ein Musikzimmer und ein Keller, in dem Pilze gezüchtet wurden. Außerdem war für 7.000 Dollar eine mechanische Orgel angeschafft wurden, die mehrmals am Tag selbständig begann zu spielen, unter anderem morgens, um die Bewohner zu wecken. 

Noch recht früh dürfte diese Aufnahme vom Schloss sein, die auf ca. 1910 datiert wurde:

Paterno Castle, ca 1910, from the collection of the museum of the city of New York


Die nächsten Aufnahmen stammen aus den Folgejahren:

Charles Bayer, Paterno mansion, Castle Hill, 1913, from the collection of the museum of the city of New York


Castle Paterno, Washington Heights, ca 1915, from the collection of the museum of the city of New York


Paterno Castle, Washington Heights, ca 1920, from the collection of the museum of the city of New York










Eine Innenansicht, die die elektrisch betriebene Orgel im Inneren zeigt:





Es folgen noch ein paar weitere aufschlussreiche Photos aus den 1930ern:










Und zum Abschluss noch Castle Village, sprich die Nachfolgegebäude auf den Grundstücken von Dr. Paterno: 





Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten, also: Gute Idee oder schlechte Idee?

Von der alten Anlage sind nur noch wenige Überreste erhalten geblieben, darunter dieses Gebäude, das Teil der Italian Gardens war...




... und ein ehemaliges Gästehaus, das den Namen Pumpkin House trägt:





Links:

Ziemlich ergiebig mit einer Sammlung stimmungsvoller alter Photographien von außen und innen ist der Beitrag über Paternos Castle bei myinwood.net: http://myinwood.net/paternos-castle/


von Castle Village nach Greenwich Village:



Zum Abschluss der Folge geht es nochmal in den Süden von Manhattan, zum Treffpunkt von Bedford Street, Morton Street und 7th Avenue. An der Aufnahme, die Mitte der 1970er entstanden sein soll, war Lina Sorbilli beteiligt. 

Der Entstehungsort liegt ein kleines Stück westlich vom Washington Square, wie man hier sieht:






Es kreuzen sich hier die Morton Street und die Bedford Street im rechten Winkel, ganz in der Nähe läuft dann noch die 7th Avenue South vorbei, getrennt von der Kreuzung nur durch einen dreieckigen Fleck. 




Ich muss allerdings mal um 90 Grad im Uhrzeigersinn drehen, damit man das Haus an der Nordwestecke der Kreuzung richtig sehen kann, denn das steht im Zentrum des Ausgangsfotos:




Hier stehen wir bereits auf der Morton Street, aber noch im Osten jenseits der 7th Avenue und blicken auf den photographierten Ort rüber, den man aber dank des Grünzeugs zwischen den beiden Häusern an den Straßenseiten kaum erkennen kann:



Besser wird es nach dem Überqueren der 7th Avenue, direkt vor uns liegt jetzt die Kreuzung Bedford Street / Morton Street und das ca. 5stöckige Gebäude in der Mitte ist jenes, dessen Erdgeschoss photographiert wurde:



Na, so einigermaßen kriegt man Alt und Neu übereinander gelegt: 




In Haus Nummer 63 Bedford Street kann man - wie schon vor vierzig Jahren -  immer noch Lebensmittel verkonsumieren. 



Die Aufnahme oben zeigt links Nummer 63 im Jahr 1933, zu erkennen an dem halbkreisförmigen Ornament oben an der Gebäudespitze:




Auch hier kann man im Erdgeschoss ein Ladenlokal erkennen. Ob es sich bereits um ein Lebensmittelgeschäft bzw. Restaurant gehandelt hat, vermag ich aber nicht zu sagen. Die hier noch sichtbare Öffnung zur Morton Street hin ist später verschwunden. 




Gelegentlich verirren sich auch mal Prominente in die Snack Taverna, die sich im Erdgeschoss von 63 Bedford Street befindet, so zum Beispiel Schauspielerin Chloe Grace Moretz, die dort 2015 als Gast photographiert wurde:



Der eigenen Beschreibung auf Facebook nach handelt es sich um ein griechisches Restaurant.

Hier wurde ausgiebig photographiert, was in der Snack Taverna auf den Tisch kommt und gegessen wird: 








Und damit sind wir am Ende dieser Folge angekommen. Mehr Folgen von Comparing Old and New findest Du hier:


2 Kommentare:

  1. Anonym5:57 PM

    Hallo Schaedel,

    manchmal weiß man gar nicht was man fühlen soll. Habe gerade ein schönes Beispiel für Fachwerkbau in New York gefunden.

    Siehe www.instagram.com/p/BihZ474n2Qp/

    Es existiert noch heute. Aber wenn man es sich bei Google Streetview anschaut, tut es schon weh.

    Mit freundlichen Gruß
    Thomas

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    1. danke Thomas, habe einen Minibeitrag daraus gebastelt. Und was das Gebäude angeht: großes SEUFZ

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