Sonntag, April 02, 2017

The Flapper (1920)



In der letzten Woche habe ich mich mal wieder dazu hinreißen lassen, Olive Thomas hier im Blog zu erwähnen. Es scheint so, dass die gute Olive sich auch so langsam aber sicher in die Liste der Themen einreiht, zu denen ich in unregelmäßigen Abständen immer wieder zurückkehre. Ich finde die tragische Geschichte von der bereits im September 1920 verstorbenen Schauspielerin, die angeblich immer noch als Gespenst im New Amsterdam Theatre an der 42nd Street erscheinen soll, aber auch einfach großartig, ein fantastisches Exemplar einer Großstadtsage. 

Vor ihrem frühen Tod trat sie ab 1917 in diversen Filmen auf, darunter ist der noch erhaltene Stummfilm "The Flapper", der im Mai 1920 uraufgeführt wurde, einer der bekanntesten. Der in diesem Film erstmals vorgeführte und damals noch sehr ungewöhnliche Lebensstil einer Frau, die kurze Haare trägt, Alkohol trinkt, raucht und wilde neumodische Musik (in diesem Fall Jazz) hört, sollte in den 1920ern eine ganze Generation mitprägen. Kommt einem irgendwie bekannt vor, auch wenn es schon fast 100 Jahre her ist. 

Ich hatte letzte Woche während des Schreibens der zweiten 42nd Street-Folge mal einen kurzen Blick in den Youtube-Stream von "The Flapper" riskiert und dort zwischen vielen Studioszenen auch eine kurze Sequenz mit interessanten Außenaufnahmen aus New York City entdeckt. 




Die interessante Sequenz beginnt im Film ab Minute 51:00 mit einem Telegramm aus New York City an die Hauptdarstellerin:



Die Außenaufnahmen werden mit diesem Zwischentitel eingeleitet (Alleine in der bösen Stadt):



Dann sieht man das Oberdeck eines zweistöckigen Stadtbusses, der auf einer vielbefahrenen und -genutzten Großstadtstraße unterwegs ist. 



Die junge Ginger (Olive Thomas) betritt über eine von unten hochführende Treppe das Oberdeck des Busses samt einem Köfferchen...




... und blickt sich staunend um, während der Bus langsam seinen Weg entlang der Hauptstraße fortsetzt. 






Währenddessen kommt ein Herr fortgeschrittenen Alters auf das Oberdeck...





... der einen von ihr fallengelassenen Handschuh? Taschentuch? aufnimmt und zurückreicht. 




Der sich anschließende Anbandelungsversuch verläuft allerdings nicht erfolgreich, wie man sieht denn Ginger steht abrupt auf und verlässt sofort das Oberdeck:




Auch wenn diese Sequenz nur knapp zwei Minuten dauert und leider die einzige Außenaufnahme im Film ist, die die Stadt New York wiedergibt, so finde ich sie dennoch großartig. Über ein kleines Zeitfenster von zwei Minuten ist so ein Eindruck vom Manhattan der ganz frühen 1920er konserviert worden. 

Schaut man mal die Sequenz losgelöst von der Handlung, so bekommt man den Eindruck, dass der Bus die gleiche Straße ein paar Mal hinauf und wieder hinunter gefahren ist. Jener markante Turm erscheint jedenfalls mehrfach. 

Ich habe auch schon so eine Ahnung, wo das gefilmt worden sein könnte, denn der Turm wurde hier im Blog schon früher erwähnt. Ich habe einfach mal "Traffic Tower" durch die für Blogautoren zur Verfügung stehende Suchmaschine geschickt und den Beitrag gefunden, die meine Vermutung voll bestätigt hat. Das war nämlich der erste Teil aus der Miniserie über die jüdische Synagoge "Temple Emanu El".


Bei der Hauptstraße, auf der die Filmsequenz entstanden ist, handelt es sich um die Fifth Avenue in New York. Und nicht nur das: passend zu der Serie über die 42nd Street handelt es sich bei dem Drehort auch noch genau um die Umgebung des Schnittpunktes der Fifth Avenue mit der 42nd Street. 

Fifth Avenue and 42nd Street, New York, ca 1906, from the collection of the museum of the city of New York


Auf dieser Photographie sehen wir schon einmal die markanten doppelstöckigen Busse, die im Film als Aufnahmeort genutzt wurden. Eine Postkarte vom Traffic Tower darf natürlich auch nicht fehlen:

Traffic Tower, 5th Avenue and 42nd Street, Looking North, ca 1914, from the collection of the museum of the city of New York


Und hier ist jener Kreuzungspunkt, an dem die Sequenz entstanden ist:

5th Avenue and 41st Street North 1915, from the collection of the museum of the city of New York


Das auffällige Gebäude, das man hier auf der Panoramaaufnahme im Hintergrund links sieht und das auch ein wesentlicher Teil der Großstadtkulisse während der Filmsequenz darstellt, ist das Hotel Bristol an der Ecke 42nd Street / Fifth Avenue. 




Das Hotel Bristol wurde 1875 eröffnet und stand bis zum Ende der 1920er an dieser prominenten Stelle, also gut 50 Jahre. 1930 wurde dort ein moderner Wolkenkratzer errichtet mit dem Namen 500 Fifth Avenue, der bis heute dieses Grundstück besetzt. 


Wem das Hotel Bristol als Bildbeweis noch nicht ausreicht, für den habe ich noch einen anderen untrüglichen Anhaltspunkt. Während der Fahrt die Fifth Avenue hinab sieht man links neben dem Bus mehrfach ein bis zwei steinernde Miezekatzen. 



Zusätzlich zu den Miezekatzen schiebt sich ganz links noch eine Art griechischer Tempel ins Bild, der aber im letzten Abschnitt der Sequenz wieder verschwindet, weil der Bus da an einem anderen Teil der Straße entlang fuhr, als die Aufnahme lief. 

Kenner der Gegend, Freunde der 42nd Street und / oder Fifth Avenue und Roland Emmerich-Fans wissen natürlich, dass es dort an der Ecke 5th Ave / 42nd Street tatsächlich seit vielen Jahren ein Gebäude gibt, das wie ein klassischer Tempel aussieht, nämlich die Öffentliche Bibliothek der Stadt New York, die New York Public Library. 




Und damit soll der Beitrag über den Außendrehort des Stummfilms "The Flapper" dann auch enden.


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