Sonntag, Oktober 15, 2017

Jacob Hans' Candy Store and Cannon Street

S. Marksville, Probably the store of Jacob Hans, 59 Cannon Street, ca 1886, 
from the collections of the museum of the city of New York

Die Facebook-Seite https://www.facebook.com/TheOldNewYorkPage?fref=nf hat in den vergangenen Stunden dieses schöne alte Photo aus der Sammlung des Museums der Stadt New York veröffentlicht, das einen Süßigkeitenladen zeigt, der sich einst auf der Lower East Side von Manhattan befand. 

Die Aufnahme soll ungefähr 1886 entstanden sein und wäre damit auch schon mehr als 130 Jahre alt.

Das es sich bei dem Besitzer des Süßwarenladens vermutlich um Jacob Hans handelt, konnte ich nicht vollständig nachvollziehen. Der einzige Hinweis, den ich in dieser Richtung finden konnte, ist das Schild in der Mitte am oberen Bildrand, auf dem der Name "HANS" stehen könnte. 

Die allwissende Suchmaschine hat aber zu "Jacob Hans" leider nichts weiter ausgespuckt. Was aber noch dafür sprechen könnte, ist der Umstand, dass sich die Adresse auf der Lower East Side befindet und dort war ja die Dichte mit Einwanderern aus deutschsprachigen Ländern ziemlich hoch. Und auf eine solche Herkunft deutet der Name Jacob Hans dann schon hin. 

Leider funktioniert bei mir seit einiger Zeit nicht mehr der Zoom in die Bilder aus der Sammlung des MCNY. Ich habe noch nicht herausgefunden, was der Hintergrund ist, ob das z.B. inzwischen eine Option ist, für die man bezahlen muss. Sich beim MCNY zu registrieren, reicht jedenfalls nicht. Wer die Lösung kennt, wird gebeten, einen Kommentar zu hinterlassen. 

Deshalb konnte ich auch leider nicht sagen, was auf den Tafeln im Schaufenster steht. Die wenigen lesbaren Schilder verraten jedenfalls, dass im Candy Store nicht nur mit Süßigkeiten gehandelt wurde, sondern dass man dort auch Zigarren kaufen und (vermutlich abnehmbare) Hemdkragen und Manschetten zum Reinigen abgeben konnte (LAUNDRY COLLARS AND CUFFS). Das Schild "FLATS" rechts über die Dame im Eingangsbereich könnte auf Wohnungen hindeuten, ich halte es aber für wahrscheinlicher, dass es hier um die Dienstleistung "Bügeln" geht, flat iron ist schließlich ein Bügeleisen, soviel haben wir dank des Hochhausklassikers am Madison Square schon gelernt.

Ich möchte noch einen Blick auf den Standort des Candy Stores werfen. Der soll sich an der Adresse 59 Cannon Street befunden haben.

google maps


Wir sehen, dass sich die Adresse auf der Lower East Side im Süden von Manhattan befindet, unmittelbar unterhalb der Auffahrt / Abfahrt der Williamsburg Bridge auf der Manhattan-Seite.


Bei der Cannon Street handelt es sich nur um ein ganz kurzes Sträßchen im Schatten der Williamsburg Bridge. 




Ich setze den Google-Street-View-Mann mal vor der Mündung der Cannon Street in die Delancey Street ab, wie gesagt im Schatten der Williamsburg Bridge:




Was aber eigentlich interessiert, ist der Blick von dieser Position aus in die Cannon Street hinein. 


Auch wenn die Häuser links älter aussehen, als die rechts, so fällt es mir dennoch schwer zu glauben, dass sie schon 130 Jahre auf dem Buckel haben. Leider kommt man mit dem Street View nicht in das Sträßchen hinein. 



Die Immobilien-Informationen bei NYCityMaps bestätigen diese Vermutung, auch wenn sich die Informationen dort nicht unbedingt immer als belastbar erwiesen haben. Danach sind die Häuser auf der rechten Seite 1952 gebaut worden und die auf der linken Seite 1910. 



Da wir jetzt gerade mal bei NYCityMaps sind, habe ich auf das Luftbild von 1924 umgeschaltet, um noch einer Vermutung nachzugehen. Nämlich die, dass die Cannon Street nicht immer ein Sträßchen gewesen ist, sondern durch städtebauliche Maßnahmen drastisch verkürzt wurde. Und siehe da - auch wenn das Luftbild an genau dieser Stelle mit einem Text überklebt und etwas unsauber zusammengetüdelt ist - anno 1924 war auf jeden Fall noch mehr Cannon Street vorhanden als 2017:



Dank des Brückenbaus über den East River hinweg und starker städtebaulicher Eingriffe im Verlauf des 20. Jahrhunderts gibt es in Süd-Ost-Manhattan nicht nur viele "Lost Buildings", sondern auch einiges an Material zum Thema "Lost Streets"

Ich ziehe mal den Bromley-Stadtatlas von 1891, der dieses Viertel zu einem Zeitpunkt zeigt, als die ab 1896 errichtete Williamsburg Bridge noch nicht existierte. 



Glücklicherweise ist der Bildausschnitt dieser Karte so gewählt, dass er den gesamten Verlauf abbildet, den die Cannon Street einst hatte. Nämlich an der Houston Street im Norden beginnend



Sie begann im Norden mit der Mündung in die "Houston Street", kreuzte dann während des Verlauf in südlicher Richtung die "Stanton Street", ...


... gefolgt von der Rivington Street (grün), der Delancey Street (wo heute die Ausläufer der Brücke entlangführen) und der Broome Street, ...


.... um am südlichen Ende schließlich in die Grand Street zu münden.



Bis in die Gegenwart ist nur der kurze, einen Straßenblock lange Abschnitt zwischen Broome Street im Süden und Delancey Street im Norden erhalten geblieben. 


Ein Abgleich der Hausnummern mit der Karte verrät außerdem, dass der Teil der Straße, in dem sich der Candy Store einst befand, heute nicht mehr erhalten ist. Die Hausnummern ab 50 aufwärts befanden sich nämlich in erst in dem Abschnitt der Straße, der zwischen der Rivinton Street im Norden und der Delancey Street im Süden lag. 



Das Haus mit der Nummer 59 Cannon Street muss man sich ungefähr dort vorstellen, wo heute die Brückentrasse verläuft. 



Da aber in den 116 Jahren seit Erstellung der Karte einiges vor Ort verändert wurde, was den Verlauf und die Anordnung der Straßen in diesem Gebiet angeht, lässt sich nicht mehr präzise sagen, wo 59 Cannon Street damals gestanden hat. Heute heißen zum Beispiel beide parallelen Straßen oberhalb und unterhalb der Williamsburg Bridge Delancey Street.



Von dem verlorenen Abschnitt, in dem sich 59 Cannon Street befunden hat, konnte ich keine Bilder finden, aber es existiert Bildmaterial von dem Abschnitt zwischen Broome Street und Delancey Street, der bis heute erhalten geblieben ist, sich in Teilen aber heftig verändert hat.

Die Bilder vermitteln einen Eindruck davon, wie es in den 1920ern und 1930ern in der Lower East Side an der Cannon Street ausgesehen hat und der wahrscheinlich auch auf den verschwundenen Abschnitt angewendet werden könnte.

Cannon Street - Broome Street 1920


Broome and Cannon Street 1933


Cannon Street from under the bridge viewing north 1939


Cannon Street from Broom Street

South from Cannon Street / Broome Street 


Looking north from below Cannon Street / Broome Street


Und mit den nachfolgenden Photographien, die sich auf die römisch-katholische Kirche "St. Rose of Lima" konzentrieren, die einst südöstlich der Delancey Street am Abschnitt der Cannon Street nördlich der Broome Street gestanden hat und deren Position noch einmal verdeutlicht, wie schwer die Eingriffe und Veränderungen in diesem Gebiet waren, möchte ich den Beitrag abschließen. 










The New Netherland

Byron Company, Hotel Netherland, 1905, from the collections of the museum of the city of New York


Dieser Beitrag soll einem verlorenen Hotelklassiker gewidmet sein, der einst an der Ecke 59th Street und 5th Avenue stand und damit zur Gruppe der großen Luxushotels am Südostende des Central Parks gehörte. 

Hotel New Netherlands and Hotel Savoy, 1893, from the collections of the museum of the city of New York


Das Hotel New Netherlands wurde 1892-93 für William Waldorf Astor gebaut und von William H. Hume entworfen. Es handelte sich um eines der ersten Gebäude in New York, das in der Steel-Frame-Bauweise errichtet wurde, bei dem ein Stahlgerüst das Gewicht des Gebäudes trug und nicht mehr alleine die Außenmauern, weshalb Hochhäuser möglich wurden, die zuvor nicht realisierbar waren.

Byron Company, New Netherlands, 59th Street, 1898, from the collections of the museum of the city of New York


Mit einer Höhe von 71 Metern und 17 Stockwerken war es bei seiner Fertigstellung das höchste Hotelgebäude auf der Welt und passte mit diesem Anspruch gut in die Hudson-Metropole, wo zu jener Zeit auch das höchste Gebäude der Welt stand, das World Building am City Hall Park. 






Das New Netherlands war als Luxushotel eingestuft, bot für den geneigten Gast aber auch Apartmentlösungen an. Diese waren allerdings nicht mit einer Küchenzeile ausgestattet. Für die Einnahme von Mahlzeiten begab man sich in das hoteleigene "Louis Sherry Restaurant".

American News Company, Hotels The Netherland The Savoy, NY, ca 1905, from the collections of the museum of the city of New York

Zusammen mit dem "Savoy" und dem gegenüberliegenden "Plaza" prägte das "Netherlands" die Hotellandschaft an der 5th Avenue auf Höhe des 59th Street. 

Central Park, showing Hotels Netherland and Savoy, NY, ca 1906, from the collections of the museum of the city of New York


Hotels Netherland and Savoy, Central Park Circle, ca 1905, from the collections of the museum of the city of New York


Das New Netherland wurde 1908 in Hotel Netherland umbenannt. 






Street Scenes at 59th Street and 5th Avenue, ca 1905, from the collections of the museum of the city of New York


1912 mit dem neuen Namen gut sichtbar auf dem Dach platziert:



Ein paar wenige Innenansichten aus dem New Netherland sind noch erhalten geblieben: 






Wie vielen anderen Hochhäusern der ersten Generation war auch dem Hotel Netherland kein dauerhafter Aufenthalt in der Skyline am Central Park vergönnt, nach 33 Jahren endete die Geschichte des Hotels im Winter 1926 mit dem Abriss. 



Links:


Eigentlich wäre die Geschichte ja an dieser Stelle zu Ende, aber 1927 wurde auf dem Grundstück zeitnah ein neues Hochhaus errichtet, wieder ein Hotel und eines, das an den Vorgänger namentlich direkt anknüpfte, das "Sherry Netherland"



Dieser sympathische Hochhausklassiker wurde 1927 errichtet und gehört inzwischen auch schon seit 90 Jahren zur Skyline am südlichen Central Park. 

Central Park Views, 1933, from the collections of the museum of the city of New York


Dabei begann die Geschichte dieses Wolkenkratzers nicht gerade glücklich, denn noch während der Bauphase gerieten die oberen Stockwerke am 12. April 1927 in Brand und aus dem Gebäude wurde eine überdimensionale Fackel, die die Umgebung auf schaurige Weise illuminierte. 





Ein Beitrag hierzu aus der New York Times vom 18.11.2012:

Das Feuer brannte 12 Stunden lang und war bis nach Long Island sichtbar.

Doch nach diesen Startschwierigkeiten wurde doch noch alles gut und das Sherry Netherland wurde als Apartmenthotel wegen seiner großartigen Aussicht auf den Central Park und die Fifth Avenue zu einer beliebten Wohnadresse.

Central Park Plaza, 1937, from the collections of the museum of the city of New York


Der Brand von 1927 scheint vergessen und die etagengroßen Apartments im schmalen Turm des Gebäudes sind heute besonders gefragt. 

Warum, dass kann man auf den nachfolgenden Fotos sehen, die den Ausblick vom 25. Stockwerk des 170 Meter hohen Gebäudes demonstrieren:



View from 25th floor of the Sherry Netherland, October 22 1927, from the collections of the museum of the city of New York


Und mit dieser zu Beginn der 1930er entstandenen Aufnahme vom abendlichen Sherry Netherland lasse ich den Beitrag ausklingen und verabschiede mich auch selber in die Nacht. 

Central Park at night, ca 1930, from the collections of the museum of the city of New York