In diesem Beitrag richten wir einen Blick auf ein einst bedeutendes Verkehrsmittel von New York City: den Fährservice über den Hudson River, der den Westen von Manhattan mit New Jersey und dem Festland verband. Schaut man auf eine Manhattan-Karte, wird man feststellen, dass es gegenwärtig mit Ausnahme der George Washington-Bridge im Norden keine Brücken auf der westlichen Seite von Manhattan gibt. Stattdessen führen zwei Tunnel in der Mitte (Lincoln Tunnel) und im Süden (Holland Tunnel) unter dem Hudson River hindurch auf die andere Seite. Dazu kommen noch eine Reihe von Eisenbahntunneln, die zum Beispiel im Hudson Terminal unter dem World Trade Center enden oder in der Pennsylvania Station unter dem aktuellen Madison Square Garden. Früher wurde dieses Defizit noch bis in die zweite Hälfte der 1960er über einen Fährenservice ausgeglichen.
Von dieser Zeit und vom Ende der Trans-Hudson-Fährverbindungen vor 44 Jahren erzählt die nun folgende Serie von Farbaufnahmen, die ich auf der nachfolgenden Seite der World Ship Society Port of New York Branch (kurz: PONY Branch) entdeckt haben:
Thank to Arnie for sharing this link. Nearly all photographs with courtesy of Tim Dacey, Bill Ewen Jr., Conrad Milster and Theodore Scull.
Fährservice über den Hudson von Anlegern in New Jersey nach New York gibt es schon seit dem frühen 18. Jahrhundert, als der Antrieb noch mit Segeln und Rudern erfolgte. Ab dem frühen 19. Jahrhundert waren sie reguläre und und zuverlässige Verkehrsmittel geworden, die Boote durch die Kraft von Mannschaften oder von Pferden fortbewegt, später dann durch Dampfschiffe mit Radantrieb an der Seite. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden die wichtigsten Fährrouten von Eisenbahngesellschaften mitbetrieben: die Central of New Jersey Railroad, die Pennsylvania Railroad, die Erie Railroad, die Delaware Railroad, die Lackawanna Railroad und die Western Railroad, außerdem die New York's Central's West Shore Line. Alle besaßen kombinierte Niederlassungen mit Bahnhöfen und Fähranlegern auf der Jerseyseite des Hudsons gegenüber von Manhattan.
Kurz vor Eröffnung des Holland Tunnels im Jahr 1927 wurde der Passagierverkehr südliche der 59th Street in Manhattan gleichmäßig verteilt auf die Eisenbahnfähren mit 50 Boote auf 13 Routen einerseits und auf die Hudson und Manhattan Railroad mit zwei Eisenbahnlinien unter dem Hudson River hindurch andererseits, zum Hudson Terminal in Lower Manhattan und zur Pennsylvania Station in Midtown an der 33rd Street und 7th Avenue gelegen. An einem normalen Arbeitstag wurden die Fähren und Hudson Railroad von durchschnittlich 150.000 Passagieren in Anspruch genommen, hinzu kamen weitere 18.000 Passagiere, die die North River Line zur Pennsylvania Station nach ihrer Fertigstellung 1910 benutzten.
Nachdem der Holland Tunnel am 12. November 1927 eröffnet worden war, sank der Fahrzeugverkehr auf den Lackawanna Fähren von Hoboken, New Jersey, zu den Manhattan-Anlegern an der 23rd Street, an der Christopher Street und an der Barclay Street um 30-40 Prozent. Aber schon drei Jahre später führte eine Zunahme des Verkehrs auf allen Ebenen zu den vorherigen Auslastungszahlen zurück. Die George Washington Bridge öffnete am 25. Oktober 1931 und der Lincoln Tunnel am 22. Dezember 1937 und ab da mussten die Fährunternehmen eine langsame aber stetige Abnahme der transportierten Passagiere und Fahrzeuge hinnehmen, auf Dauer mit ernsthaften Folgen.
G = George Washington Bridge; L = Lincoln Tunnel; H = Holland Tunnel
Karte von http://gis.nyc.gov/doitt/nycitymap/
Die Lackawanna-Route zur 23rd Street hatte ihre letzte Fahrt auf Silvester 1946 und die Christopher Street-Route am 30. März 1955. Nach Schließung der New Yorker "Central West Shore Line" Straßenbahn wurde der Fährverkehr von Weehawken zur West 42nd Street im Jahr 1959 eingestellt.
Zwischen 1956 und 1960 legte die Erie Railroad - Gesellschaft ihre Fähren- und Eisenbahnoperationen mit der Lackawanna Railroad zusammen, so dass nur noch zwei Fährverbindungen über den Hudson River verblieben, die noch einen Anteil von 5 Prozent am Gesamtverkehr bewältigten. Die Barcley Street-Route, von Montag bis Freitag in Betrieb, transportierte am 01. Februar 1964 gerade etwas mehr als 10.000 Passagiere nach Manhattan hinein, 90 Prozent davon zwischen 6 und 10 Uhr am Morgen. Der Verkehr war so verzerrt, dass in die Gegenrichtung gerade einmal 260 Passagiere die Fähre von Manhattan nach New Jersey während der gleichen vier Stunden in Anspruch nahmen. Diejenigen, die weiterhin auf die Fähren zurückgriffen, anstatt die PATH-Züge zu nehmen (also die vorherige Hudson Railroad), arbeiteten schlicht und einfach näher am Barclay Street Terminal als am Hudson Terminal.
Auf der Route von der Stadtmitte New Jerseys zur Liberty Street gab es zunächst keinen alternierenden PATH-Zugverkehr für Passagiere der CNJ-, der B&O und der Reading Railroad. Dann jedoch verschob der "Aldene Plan" die Züge, die bisher am Central New Jersey Uferterminal (CNJ) angehalten hatten, zu Haltepunkten in Newark und an der Pennsylvania Station, mit der Folge, dass der Fährbetrieb zur Liberty Street in Manhattan mit Ablauf des 25. Aprils 1967 endete.
Die Fährboote der Erie-Lackwanna-Gesellschaft waren nun mehr als 60 Jahre alt, eines davon, die LACKWANNA, stammte aus dem Jahr 1891. Die Boote waren teuer in der Wartung geworden und die Platten, die die Rümpfe schützten, waren inzwischen gefährlich dünn geworden. In einer Zeit, in der es noch keine Subventionen für Bahngesellschaften gab, hatten die finanziell angeschlagenen Betreiber kein Geld, um sie zu ersetzen. In der letzten Woche ihres Betriebs blieben gerade einmal 3000 tägliche Passagiere den Booten treu, weniger als die Kapazität von zwei Booten.
Am 22. November 1967 legte die Fähre "LACKAWANNA" um 5:45 abends an der Barclay Street an und 15 Minuten später folgte die Fähre "ELMIRA". Um sechs Uhr abends endete damit die 300jährige Geschichte des Trans-Hudson-Fährverkehrs, davon 156 Jahren auf Dampfschiffen. Ab Thanksgiving wurden Passagiere, die mit den Zügen der Erie-Lackawanna-Gesellschaft eintrafen, zu den PATH - Zugängen geleitet oder zu einem Busbahnhof der Hafenbehörde. (PATH = Port Authority Trans Hudson).
Ab 1986 kehrte der Trans-Hudson-Fährverkehr mit einer Linie von Port Imperial, Weehawken, zur West 38th Street in Manhattan zurück und schon bald danach einer weiteren von Hoboken nach Battery Park City, wegen des Bedarfs nach Alternativen zu Bahn und Straße, aber auch wegen eines mutigen Unternehmergeistes. Wenn man heute auf den Hudson River blickt, sieht man den Fluss überzogen mit ähnlich vielen Routen wie zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts. In diesem Fall könnte man sagen, je mehr sich die Dinge ändern, um so mehr bleiben sie dieselben.
Jetzt noch mal ein paar Rückblicke in die Vergangenheit des Trans-Hudson-Fährverkehrs, der 1967 endete.
Hier sehen wir eine Fähre der Erie-Eisenbahngesellschaft, bevor die Verschmelzung mit der Lackawanna-Eisenbahngesellschaft stattfand, wie sie an einem Moore-McCormack-Dampfer aus der Vorkriegszeit vorbeifährt, der auf dem Weg zur Ostküste von Südamerika ist.
Hier sehen wir die Fähre "ELIZABETH" (1904 gebaut), die den Anleger an der Liberty Street in Manhattan in Richtung Jersey City verlässt, wo die Passagier Anschluss an die Züge der CNJ, B&O und Reading-Eisenbahngesellschaften hatten. Eine schöne nostalgische Aufnahme des seit Beginn des 20. Jahrhunderts klassischen Manhattans, dem ähnlich wie dem Fährverkehr schon bald die letzte Stunde schlagen würde. Im Vordergrund fast unsichtbar, weil zu klein jenes Stadtviertel namens Radio Row, das komplett abgerissen wurde, um Platz für das World Trade Center zu schaffen. Die beiden großen Klötze in der Bildmitte rechts, die Bürotürme des Hudson Terminals, standen 60 Jahre lang auf dem unterirdischen Bahnhof "Hudson Terminal", an dem die Züge der Hudson Railroad, später PATH, angekamen. Am rechten Bildrand das ungleiche Doppel aus City Investing Tower und Singer Building, ebenfalls kurz vor dem gemeinsamen Ende abgelichtet (Aufnahme vom 18. April 1967).
Das Terminal der vereinten Erie-Lackawanna-Fähre an der Ecke Barclay Street und West Streets in Südmanhattan stammte aus dem Jahr 1884. Fähren fuhren von hier aus zum E-L Terminal in Hoboken, New Jersey. Man beachte auch den Eisenbahn-Express-LKW ganz rechts im Bild (aufgenommen September 1964).
Auf dieser Karte habe ich ungefähr die Standorte des Liberty Street - Anlegers und des gerade eben erwähnten Barclay Street Terminals markiert. Für beide gilt. Wo damals Boote anlegten, ist heute neugewonnenes Festland.
Hier sehen wir die Fähre "LACKWANNA" aus dem Jahr 1891, die am 31. Juli 1964 das Terminal der Erie-Lackawanna an der Barclay Street verlässt. Sie wurde 1949 noch auf Dieselbetrieb umgestellt und war die einzige Fähre in der Flotte, die nicht mit Kohlen angetrieben wurde. Sie hatte ihre letzte Passagierfahrt am 22. November 1967 um halb sechs am Abend von Barclay Street hinüber nach Hoboken.
Auf dem nächsten Bild sehen wir die Fähre "POCONO" aus dem Jahr 1905, die Barclay Street am 31. Juli 1964 in Richtung Hoboken verlässt. Direkt über dem Fähranleger sieht man das "Telephone Building", links daneben das Woolworth Building und in der rechten Bildhälfte wieder die verschwundenen Drei (Hudson Terminal, City Investing Tower, Singer Building).
Nachdem wir jetzt soviele Fährschiffe in Manhattan haben ablegen sehen, möchten wir auch mal sehen, wo die hingefahren sind. Hier ist der Anleger der Erie-Lackawanna-Eisenbahngesellschaft in Hoboken, gebaut 1907, aufgenommen am 02. September 1964.
Bei den Fährbooten, die bis in die zweite Hälfte der 1960er in Betrieb waren, handelte es sich aufgrund ihres Alters fast ausschließlich um Schiffe mit Dampfbetrieb. Dementsprechend gab es auf den Booten im Inneren auch jemanden, der die Kohlen in den Ofen schaufeln musste, um den Kessel zu befeuern.
Diese Aufnahme eines sogenannten Kohlenheizers entstand auf dem Fährschiff "ELISABETH" während ihrer letzten Betriebstage im April 1967.
Die folgenden beiden Bilder erzählen von den letzten Tagen des "PHOEBE SNOW", einem bekannten Passagierzug, der einst bis zum Anleger der Erie-Lackawanna-Fähre fuhr. Oben das Ankunftsbord am letzten Tag seines Betriebs (27. November 1967), darunter der Zug selber im Jahr 1956.
Sehr schön sind auch die folgenden zwei Aufnahmen, die einen Blick in das Innere einer der Fähren ermöglichen. Es handelt sich um eine Fähre der Erie-Lackawanna-Gesellschaft, aufgenommen am 21. November 1967, einen Tag vor ihrer letzten Fahrt. Das Schiff wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts gebaut, zu sehen ist die flankierende Längskabine auf dem Fahrzeugdeck.
Das einzige Fährboot, welches das große Sterben überlebt hat, war die "BINGHAMTON" aus dem Jahr 1905. Auf dem oberen Bild sieht man sie im August 1968 am Anleger der ehemaligen Holland-Amerika-Linie, auf dem unteren Bild im August 1981, umgebaut zu einem Restaurant auf dem Hudson in Edgewater, New Jersey.
Zum Abschluss sehen wir noch die Fähre "ELMIRA" aus dem Jahr 1905, ehemals Erie-Lackawanna-Gesellschaft, verlassen in Edison New Jersey in den Jahren 1978 (oben) und 1979 (unten). Die ELMIRA vollendete ihre letzte Passagierfahrt am 22. November 1967 um viertel vor sechs abends.
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