In den vergangenen vier Jahren sind wir schon viele Male in die Geschichte von Südmanhattan abgetaucht, um die Entwicklung von Gebäudekonstellationen zu verfolgen, Verschwundenem nachzuspüren und alte photographische Aufnahmen zu interpretieren. Zahlreiche Leser waren an der Entstehung und Fortführung der Serie durch Interaktion mit dem Blogautor beteiligt, besonders erwähnen möchte ich Arnie Marriam, Michal Juroska, Andie Frieder, Dirk Stichweh und JPJ.
Hier kannst Du die bisherigen offiziellen und inoffiziellen Folgen der Serie abrufen:
1. Building Mystery aka 48 Wall Street
Teufel, dass ist ja schon im März gewesen, als ich die letzte Folge der Lower Manhattan Saga veröffentlicht habe! Schande über mein Haupt! Aber andererseits ist es ja auch nicht so, dass Südmanhattan seit dem gar keine Rolle mehr hier gespielt hat. Nur eben nicht unter dem Kopf dieser Langzeitserie.
google street view
In der vergangenen Woche habe ich ein Bilderrätsel veröffentlicht, nämlich die Frage nach der Identität des Gebäudes mit der geflügelten Figur auf dem Dach. Dank Michal, Dirk und Ken, die alle zu demselben Ergebnis kommen, dürfte feststehen, dass es sich bei dem gesuchten Gebäude um das mit dem Namen und der Hausnummer 48 Wall Street handelt. Vielen Dank dafür!
Auf dieser Aufnahme, entstanden in den späten 1920ern, aus dem Fundus der Öffentlichen Bibliothek von New York (NYPL) sehen wir die beiden Gebäude östlich der Kreuzung Wall Street / Williams Street; 48 Wall Street (schmal mit geflügelter Figur auf der Spitze) und 52 Wall Street (mit dem Tempel auf dem Dach).
Tempel auf dem Dach? Da war doch was. Vor langer Zeit, genauer gesagt im Mai 2009 habe ich schon mal einen Beitrag über das Gebäude 52 Wall Street, also das mit dem Tempel auf dem Dach verfasst.
Damals konnte man die Bilder bei der NYPL aber noch nicht hochauflösend abrufen.
Den Umstand, dass dieser Zugriff zumindest bei hochauflösend digitalisierten Bildern inzwischen möglich ist, ....
.... möchte ich jetzt mal nutzen, um mich ganz langsam, ...
... Stück für Stück an der schönen Fassade von 48 Wall Street hochzuarbeiten, ....
... denn erst in der Detailansicht entfaltet sich die ganzes Pracht dieses New Yorker Hochhausklassikers, ....
eine Pracht, die bis ganz oben hinauf zur Gebäudespitze reicht, die von einer geflügelten Figur geschmückt ist.
Als ich gerade Emporis besucht habe, musste ich feststellen, dass ich die Bildausschnitt ein wenig falsch gewählt habe, denn tatsächlich ist 48 Wall Street noch etwas breiter als gedacht:
Die Frage, wo das Gebäude endet, ist von Bedeutung, wenn ich jetzt in die Gegenwart hinüberwechsel, in der 48 Wall Street noch vorhanden ist, 52 Wall Street aber nicht mehr.
48 Wall Street trägt auch den Namen "Bank of New York and Trust Company Building", erstreckt sich präzise beschrieben auf die Hausnummern 48 und 50 Wall Street. Es wurde von 1927 bis 1929 errichtet und verfügt über 32 oberirdische Etagen bei gut 156 Metern Höhe.
https://www.emporis.de/buildings/115574/bank-of-new-york-trust-company-building-new-york-city-ny-usa
https://www.emporis.de/buildings/115574/bank-of-new-york-trust-company-building-new-york-city-ny-usa
https://www.emporis.de/buildings/102563/national-city-bank-building-new-york-city-ny-usa
Die Geschichte dieses Bauwerks endete in den frühen 1980ern, als Platz für einen Hochhausneubau benötigt wurde.
Erstaunlich finde ich, wie detailliert der Tempel ornamentiert war, an einem Ort, wo kaum jemand so genau hinschauen konnte.
Ein Stück unter dem Tempel findet man an einer Terrasse noch eine Horde Flügeltiere, möglicherweise nur Ornamente, vielleicht auch Wasserspeier:
Aber auch an der Fassade vom 48 Wall Street habe ich einiges an Schmuckwerk gefunden...
... das natürlich aufwändiger wird, wenn man die enge Gebäudeschlucht der Wall Street verlässt...
... dann kommt zum Beispiel diese Kapelle zutage ....
... oder diese Teile, die wie Feuerkörbe aussehen, aber wahrscheinlich nicht so genutzt wurden ...
mal eben zurückzoomen, ja jetzt kommen wir zur Gebäudespitze ...
... da ist der Sockel der Gebäudespitze, möglicherweise mit Buntglasfenstern verziert, ist aber nur eine Vermutung von mir, nicht bestätigt ...
... darüber scheint es noch eine Art Aussichtsplattform gegeben zu haben ...
... es folgt die Verjüngung der Konstruktion hin zur Spitze ...
... und die wird wieder von einem geflügelten Tier geschmückt:
Hier ist ein guter Zeitpunkt, um an die Kommentare zum Bilderrätsel anzuknüpfen:
Michals Antwort ist knapp, aber präzise:
Eagle statue on top of 48 Wall Street Building.
Michals Antwort ist knapp, aber präzise:
Eagle statue on top of 48 Wall Street Building.
Dirk hat etwas weiter ausgeholt, seine Antwort deckt sich aber mit der von Michal:
Hallo Schädel,
das ist natürlich 48 Wall Street. Das ehemalige Bank of New York Building. Erbaut 1928, ist es eines der wenigen älteren und schlanken Bürogebäude, das in den letzten Jahren nicht zu Apartmentgebäuden umgebaut wurden. Meines Wissens gehört es der Rockefeller Group. Lohnenswert ist besonders das Interieur, auf das man in den späten 1920er Jahren ja noch Wert gelegt hat. Die Spitze soll nach meinen Informationen ein kupferner Adler beim Landen sein. Alle anderen Daten bekommt man ja immer bei „Emporis“. Gruß, Dirk
Hallo Schädel,
das ist natürlich 48 Wall Street. Das ehemalige Bank of New York Building. Erbaut 1928, ist es eines der wenigen älteren und schlanken Bürogebäude, das in den letzten Jahren nicht zu Apartmentgebäuden umgebaut wurden. Meines Wissens gehört es der Rockefeller Group. Lohnenswert ist besonders das Interieur, auf das man in den späten 1920er Jahren ja noch Wert gelegt hat. Die Spitze soll nach meinen Informationen ein kupferner Adler beim Landen sein. Alle anderen Daten bekommt man ja immer bei „Emporis“. Gruß, Dirk
Also, ich könnte mir durchaus vorstellen, dass es sich bei dem, was man hier sieht, um einen Adler aus Kupfer handelt.
Blogleser Ken war so freundlich und hat mir einen Artikel auf der Seite nyrej.com zugeleitet, der über den Abschluss der Renovierungsarbeiten an eben diesem Kupferadler berichtet:
http://nyrej.com/22153
Blogleser Ken war so freundlich und hat mir einen Artikel auf der Seite nyrej.com zugeleitet, der über den Abschluss der Renovierungsarbeiten an eben diesem Kupferadler berichtet:
http://nyrej.com/22153
Leider sind die mitgelieferten Photos etwas klein, aber auf dem zweiten kann man zumindest den patinaüberzogenen Kupferadler schon gut erkennen:
Oft ist der Kupferadler leider nicht aus der Nähe fotografiert worden, aber eine Aufnahme konnte ich noch bei Pinterest auftreiben:
Diese Aufnahme vom Gebäude kommt auch sehr schick daher, zugleich kann man hier auch einen guten Blick auf den Gebäudegiganten rechts daneben werfen, für dessen Bau die Nummer 52 Wall Street in den frühen Achzigern weichen musste, ich nehme an, wegen der Luftrechte:
Von diesem Kasten an der Adresse 60 Wall Street aus dürfte man allerdings einen guten Blick auf den Kupferadler haben, vorausgesetzt, das Büro befindet sich in einem passenden Stockwerk.
Vom Bürgersteigniveau aus kommt 48 Wall Street leider nicht so beeindruckend rüber wie von einem höher gelegenen Standpunkt aus gesehen, da die spektakulären Details sich dem Fußgänger entziehen.
Wir können aber auch mal einen kurzen Blick in das Innere des Gebäudes werfen, denn hier macht die Rockefeller Group Werbung für Büroräume im 48 Wall Street, die bestimmt kein Schnäppchen sind:
Aber auch andere Anbieter buhlen um Interessenten für die Büroflächen in diesem Gebäude, einem solchen verdanken wir diesen Grundriss einer (aber wohl nicht vollständigen) Etage von 48 Wall Street, ich konnte den Daten auf der Webseite allerdings nicht entnehmen, um welches Stockwerk es sich handelt.
Noch ein paar Bilder aus dem Inneren und Äußeren von 48 Wall Street, das neben Büroflächen heutzutage auch passen zum Viertel Financial District das "Museum of American Finance" beherbergt.
Werfen wir zum Abschluss noch einen kurzen Blick auf den Standort und die Geschichte. Zunächst der Standort, der liegt natürlich mitten im Financial District und mitten im Süden von Manhattan:
48 Wall Street befindet sich - wie weiter oben schon erwähnt - an der Südostecke der Kreuzung William Street / Wall Street.
So ist auch das Bilderrätsel zustande gekommen, denn in der vergangenen Woche habe ich bei der "High Steel"-Gebäude-Suche auch zeitweise auf der Williams Street gestanden ...
... und in diesem Fall ungefähr die Williams Street nach Südwesten heruntergeblickt, wo man dann die geflügelte Figur auf der Gebäudespitze von 48 Wall Street erblickt.
In der 3-D-Ansicht bei Google Maps / Google Earth macht 48 Wall Street eine ziemlich gute Figur, ich habe Screenshots von unterschiedlichen Himmelsrichtungen aus versucht, eine funktioniert aber nicht, weil das Gebäude 60 Wall Street (Deutsche Bank Trust Co. America) im Weg steht. Ok, die Flügel vom Adler werden auch unterschlagen, aber das wäre dann vielleicht auch etwas viel verlangt.
Wie schon erwähnt, trägt 48 Wall Street auch den Namen "Bank of New York and Trust Company Building". Und dieser Name ist mit dem Grundstück an der Ecke Wall Street / Williams Street schon fast 220 Jahre lang verbunden, denn die Geschichte der "Bank of New York" beginnt 1797 in einem Gebäude, das genau hier auf diesem Eckgrundstück in der Altstadt von New York City errichtet wurde.
In der Sammlung des Museums der Stadt New York findet man ein ähnliches Bild, allerdings mit einem etwas breiteren Blickwinkel:
from the collection of the museum of the city of New York
Während des Amerikanischen Bürgerkriegs wurde vermutlich im Juni 1864 dieses Photo von den Gebäuden an der Wall Street aufgenommen. Das vierstöckige Gebäude rechts am Rand steht an der Ecke Wall Street / Williams Street und dürfte die zeitgenössische Niederlassung der "Bank of New York" sein.
from the collection of the museum of the city of New York
Auf dieser Aufnahme von 1872 könnte dasselbe Gebäude abgebildet sein (etwa in der Bildmitte), wegen der ungünstigen Position des Photographen ist es aber kaum zu identifizieren. Dafür erhält man einen schönen Eindruck vom Financial District zu jener Zeit, einschließlich der Masten für das damals gebräuchliche Telekommunikationssystem Telegraphie.
Noch zwei Aufnahmen bzw. Abbildungen des vierstöckigen Gebäudes, leider mit vagen oder vermutlich falschen Datumsangaben:
from the collection of the museum of the city of New York
Auf diesem Street View von 1880 sieht man bereits ein sechsstöckiges Gebäude an der Ecke Wall Street / Williams Street:
from the collection of the museum of the city of New York
Dieses Gebäude ist vermutlich das vierstöckige Gebäude, das nach oben hin um zwei zusätzliche Stockwerke erweitert wurde, ein in New York nicht ungewöhnlicher Vorgang. Man findet das sechsstöckige auch in dem Standardwerk für alte Gebäude vom Ende des 19. Jahrhunderts, King's Handbook, in den Ausgaben von 1893 und 1894.
Eine Aufnahme, die Ende des 19. Jahrhunderts entstanden sein dürfte, im Hintergrund ist neben der Trinity Church auch das 1897 fertiggestellte Gillender Building zu sehen:
Bis zur Mitte der 1920er sollte sich die Situation an dieser Straßenecke nicht mehr großartig verändern, außer dass der Hauseingang etwas tiefer gelegt wurde, das zeigen die folgenden Aufnahmen von 1904, von 1916 und von 1921.
Byron Company, Williams Street and Wall Street, 1916, from the collection of the museum of the city of New York
Bank of New York Building, 1921, from the collection of the museum of the city of New York
Nach der Mitte des Jahrzehnts schlug den alten Gebäuden an 48 Wall Street, 50 Wall Street und 52 Wall Street aber dann einem nach dem anderen die letzte Stunde.
Eine Aufnahme von 1927, noch steht das alte Bank of New York Building rechts im Bild:
Bank of America, 1927, from the collection of the museum of the city of New York
Bank of America, 1927, from the collection of the museum of the city of New York
Nochmal 1927, dieses Mal Bürgersteigniveau und der Blick vom Süden die Williams Street hoch auf die neu zu bebauende Straßenecke:
Das Ergebnis haben wir ja schon hinreichend bewundert, hier sind noch drei alternative Aufnahmen:
Liegts an der Perspektive oder war 1928 noch kein Adler auf der Spitze von 48 Wall Street?
Das nächste stammt von 1929, leider nicht hoch auflösend, allerdings ist ein Flügeltier auf der Spitze dieses Mal wahrscheinlicher:
Und mit dieser letzten Aufnahme von 1929 verabschieden wir uns vom Kupferadler und betrachten das Bilderrätsel von letzter Woche als gelöst.
Links
2. Gasthaus zum Freiburger Hof
Ja ich weiß, das klingt eher nach Urlaub im Schwarzwald und nicht nach New York, aber da irrt Ihr!
Ein anonymer Blogleser hat in den letzten Tagen mehrmals Kommentare zu einem alten Beitrag von 2010 über Castle Garden hinterlassen, die sich allerdings nicht um das bekannte Gebäudefragment an der Südspitze von Manhattan drehen, sondern um ein in der Nähe gelegenes Gasthaus mit dem Namen "Gasthaus zum Freiburger Hof".
Hier haben wir ein Artefakt, das von diesem Gasthaus erhalten geblieben ist und das mir besagter Leser geschickt hat, eine Art Vorläufer von dem, was man heute in Neudeutsch einen Flyer nennen würde:
Ein anonymer Blogleser hat in den letzten Tagen mehrmals Kommentare zu einem alten Beitrag von 2010 über Castle Garden hinterlassen, die sich allerdings nicht um das bekannte Gebäudefragment an der Südspitze von Manhattan drehen, sondern um ein in der Nähe gelegenes Gasthaus mit dem Namen "Gasthaus zum Freiburger Hof".
Hier haben wir ein Artefakt, das von diesem Gasthaus erhalten geblieben ist und das mir besagter Leser geschickt hat, eine Art Vorläufer von dem, was man heute in Neudeutsch einen Flyer nennen würde:
Ich weiß nicht, ob jeder von Euch in der Lage ist, Frakturschrift zu lesen, deshalb "übersetze" ich sicherheitshalber nochmal:
Gasthaus zum Freiburger Hof
von
Friedrich Reiss,
18 Greenwich Street, New York.
Gegenüber dem Castle Garden und in der Nähe der R.R. Depots.
Dieses auf's Bequemste eingerichtete Gasthaus verbunden mit Restauration empfiehlt
sich allen Reisenden durch seine prompte und solide Bedienung.
Man bittet diese Karte im Castle Garden an dem Hut zu befestigen.
Leider kann man nicht erkennen, aus welchem Jahr(hundert) dieses Artefakt stammt, aber es ist denkbar, dass das "Gasthaus zum Freiburger Hof" seine Kundschaft vor allem bei den deutschsprachigen Einwanderern suchte, die hier an der Südspitze von Manhattan ankamen und möglicherweise noch im Castle Garden von der Einwanderungsbehörde abgefertigt worden, um sie nach der Einwanderungsprozedur zum Essen und vielleicht auch Übernachten anzulocken.
Insofern ist es vorstellbar, dass die Karte oben den Einwandern vielleicht noch während des Wartens und Anstehens in die Hand gedrückt wurde. Die Einwandererabfertigung nahm allerdings schon 1892 ihren Betrieb auf Ellis Island auf und löste damit Castle Garden als bisherigen Sammelpunkt ab. Sollte die Karte also noch aus der Zeit der Einwanderungsstelle stammen, dann kann man die 1870er oder 1880er als Entstehungszeit annehmen.
Es ist aber denkbar, dass die Einwanderer auch danach an der Südspitze von Manhattan anlandeten, wenn sie die Einwanderungsprozedur auf Ellis Island erfolgreich durchlaufen hatten. Sollte dieses der Fall sein, könnte sie auch noch aus der Zeit der vorletzten Jahrhundertwende stammen.
Über die Geschichte von Castle Garden habe ich 2010 eine mehrteilige Serie veröffentlicht, die Du hier abrufen kannst:
http://nygeschichte.blogspot.de/2010/11/complete-castle-clinton.html
Gegenüber dem Castle Garden und in der Nähe der R.R. Depots
R.R. Depots steht vermutlich für Rail Road Depots. Da könnte vielleicht eine Karte weiterhelfen, auch um herauszufinden, wo sich die Adresse 18 Greenwich Street genau befindet. Ich habe aber schon so eine Ahnung, welche R.R. Depots gemeint sein könnten.
Ich starte mal mit einem alten Bekannten, dem Bromley Stadtatlas von 1891. Die Greenwich Street ist eine westlich gelegene Parallelstraße vom Broadway, die ebenfalls grob in Nord-Südrichtung durch Manhattan verläuft.
Haus Nummer 18 Greenwich Street befindet sich ziemlich in der Nähe vom Südende (oder -anfang) der Straße:
Schräg gegenüber von 18 Greenwich Street sieht man zwei unbebaute (?) Flächen und ich meine mich erinnern zu können, dass dort am Südende der Greenwich Street in der Anfangszeit der 9th Avenue El, also der Hochbahn oberhalb der Ninth Avenue, ein Depot für die Hochbahnzüge untergebracht war.
Warum Castle Garden nicht in die 91er-Bromley-Karte eingezeichnet wurde, verstehe ich zwar nicht, aber ich habe dort einfach mal ein Kreuz reingepinselt, genauso wie an der Position von 18 Greenwich Street und an der Position des mutmaßlichen Hochbahnzugdepots, damit alle Koordinaten, die die Karte des Gasthauses verrät, sichtbar sind.
Gehen wir nochmal ca. 12 Jahre in die Vergangenheit zurück, als Castle Garden als Einwanderungsanlaufpunkt in Betrieb war. Wir schauen mal in den Bromley-Stadtatlas von 1879. Achtung, die Perspektive wechselt, der Norden liegt jetzt auf der rechten Seite!
Eins steht schon mal fest, das Gasthaus an der Greenwich Street war zwar günstig, weil nahe gelegen, allerdings führte direkt vor dem Haus die Hochbahn mit zwei Linien vorbei, von South Ferry als Ausgangspunkt kommend und sich unweit nördlich von 18 Greenwich Street in zwei Hochbahnstränge gabelnd, westlich entlang der Greenwich Street die 9th Ave El und östlich die Church Street hinauf die 6th Ave El.
Wenn ich Hausnummer 8, die eingezeichnet ist, weiter durchzähle, dann müsste das hier 18 Greenwich Street sein:
Und schräg gegenüber wie vermutet und angekündigt, sieht man zu jener Zeit noch ein Depot der New York Elevated R.R. Co. (Rail Road Company) eingezeichnet.
Wenn man ungewöhnliches Bildmaterial benötigt, dann ist man auf den Servern der Columbia Universität meistens gut aufgehoben, so auch dieses Mal.
Hier sieht man die Greenwich Street vom Süden her aufgenommen etwa in der Mitte der 1870er. Dort, wo man eine 13 an der Hausfront sieht, ist die Lücke, in der sich das Depot befand.
Leider kann man hier keinen Eindruck von 18 Greenwich Street gewinnen, das befand sich auf der linken Straßenseite. Wer genau hinsieht, kann vorne rechts aber zumindest Spuren von deutschen Einwanderern (oder für deutsche Einwanderer) erkennen:
Eine weitere Aufnahme der Greenwich Street, entstanden zwischen 1873 und 1875, leider ebenfalls ohne Blick auf die linke Straßenseite, auf der sich allerdings auch nicht das Motiv, die Hochbahntrasse, befand.
Und hier kommt das Bild vom R.R. Depot, das ich in Erinnerung hatte, aufgenommen im August 1876:
Es zeigt das kleine Eisenbahndepot für die Hochbahnzüge, dass sich zu jener Anfangszeit der 9th Avenue El auf diesem umbebauten Grundstück zwischen Broadway und Greenwich Street befand.
Zeitgenössisches und bearbeitetes Kartenwerk aus den 1870ern und 1880ern verdeutlicht, wie die Züge rechts und links von Haus Nummer 7 Broadway "geparkt" wurden.
Hier sieht man noch zwei Vergrößerungen mit Details vom Depotgelände:
Eine alternative Photographie zeigt mehr von der Bebauung südlich des Depots und den Hochbahnzug mit einigen Waggons an der Lokomotive:
Hier sieht man den Bowling Green Park am Südende des Broadways etwa um das Jahr 1890:
Das Haus Nummer 7 mit den Depots drumherum befindet sich am linken Bildrand:
Auf den nachfolgenden Aufnahmen kann man mit diesem Wissen das vierstöckige Haus Nummer 7 Broadway und die Freiräume für das Hochbahnzugdepot drum herum ganz gut nachvollziehen:
Und die Rückseite dieses Gebäude findet jetzt auch auf dem Depotphoto wieder:
Es ist mir nicht gelungen, passende Bilder aufzutreiben, schon gar nicht vom Gasthaus Freiburger Hof. Aber ich habe zumindest ein paar Bilder zusammenstellen können, die eine Annäherung ermöglichen. Wie zum Beispiel diese beiden Aufnahmen, die 1888 an der Rector Street Station etwas weiter nördlich entstanden sind und einen Eindruck von dem Leben unter der Hochbahn vermitteln.
Räumlich näher dran aber wahrscheinlich zeitlich weiter entfernt sind diese beiden Aufnahmen von 1914, die südlich von 18 Greenwich Street an der Mündung der Greenwich Street in die Battery Place entstanden sind:
Nochmal Rector Street Station, dieses Mal 1915:
Und dann habe ich noch drei Aufnahmen von der Westseite der Greenwich Street, entstanden in den 1930ern:
Heute ist von den drei Schauplätzen nur noch Castle Garden erhalten:
Da wo einst das Gasthaus an 18 Greenwich Street stand, fährt man heute auf der Manhattan-Seite aus dem Brooklyn-Battery-Tunnel heraus.
Und an der Position des Hochbahnzüge-Depots steht schon lange, schon seit der zweiten Hälfte der 1890er die Bowling Green Offices.
Zu meiner großen Überraschung bin ich am Ende mit etwas Glück doch noch auf Bildmaterial von Haus Nummer 18 Greenwich Street gestoßen. Bei Fundstück Nummer 1 handelt es sich um eine Serie von sieben Photos, die der Photograph Stanley P. Mixon am 22. März 1940 am und im Haus aufgenommen hat und die sich in der Sammlung der amerikanischen Kongressbibliothek befinden.
https://www.loc.gov/resource/hhh.ny0376.photos/?sp=1
Im Umfeld dieser Photoserie fand sich auch folgende Ablichtung vom Nachbarhaus 20 Greenwich Street, entstanden 2 Tage zuvor.
Man schaue sich jetzt nochmal das erste Bild aus der vorherigen Serie an, vom Eingang des Restaurant Neptun:
Über der Tür befindet sich ein Bogen, davor führt eine Treppe zur Tür hinauf und an den Geländern befinden sich rechteckige Werbeschilder mit dem Restaurantnamen, um diejenigen aufmerksam zu machen, die nicht frontal auf das Gebäude zu, sondern die Straße entlang laufen.
Diese Kulisse sieht man auch in dem Photo vom Nachbarhaus, nur aus einer anderen Perspektive und Entfernung:
Wenn man sich also dieses Bild nochmal aufmerksam ansieht, ...
... dann müsste 18 Greenwich Street dieses Haus hier sein:
Hier sieht man nochmal das Nebeneinander der beiden Hauseingänge und die Trennlinie zwischen den Gebäuden:
Diese Photos scheinen ja eher am Ende der Gebäudegeschichte entstanden zu sein, das zweite Fundstück führt uns danach vermutlich zu den Anfängen des Gebäudes. Die Sammlung der Kongressbibliothek und die Wikimedia enthalten auch Baupläne für 18 Greenwich Street. Und mit diesen möchte ich die 41. Folge der Lower Manhattan Saga sanft ausklingen lassen.
https://www.loc.gov/photos/?fa=segmentof:hhh.ny0376.sheet/%7Clocation:new%20york%7Ccontributor:historic%20american%20buildings%20survey&c=150&st=gallery&sb=shelf-id
Direkt die erste Seite der Pläne, die scheinbar auch 1940 entstanden sind, verrät neben den Architekten (Robinson, Moore and Smith) auch die Entstehungszeit (1815-20). Also haben wir auf den Photos tatsächlich das Haus gesehen, in dem sich irgendwann auch einmal das Gasthaus zum Freiburger Hof befunden hat.
Das war die 41. Folge der Lower Manhattan Saga. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Weitere Folgen findest Du hier:
http://nygeschichterucksack.blogspot.de/2012/02/lower-manhattan-journey-through-time.html
Insofern ist es vorstellbar, dass die Karte oben den Einwandern vielleicht noch während des Wartens und Anstehens in die Hand gedrückt wurde. Die Einwandererabfertigung nahm allerdings schon 1892 ihren Betrieb auf Ellis Island auf und löste damit Castle Garden als bisherigen Sammelpunkt ab. Sollte die Karte also noch aus der Zeit der Einwanderungsstelle stammen, dann kann man die 1870er oder 1880er als Entstehungszeit annehmen.
Es ist aber denkbar, dass die Einwanderer auch danach an der Südspitze von Manhattan anlandeten, wenn sie die Einwanderungsprozedur auf Ellis Island erfolgreich durchlaufen hatten. Sollte dieses der Fall sein, könnte sie auch noch aus der Zeit der vorletzten Jahrhundertwende stammen.
Über die Geschichte von Castle Garden habe ich 2010 eine mehrteilige Serie veröffentlicht, die Du hier abrufen kannst:
http://nygeschichte.blogspot.de/2010/11/complete-castle-clinton.html
Gegenüber dem Castle Garden und in der Nähe der R.R. Depots
R.R. Depots steht vermutlich für Rail Road Depots. Da könnte vielleicht eine Karte weiterhelfen, auch um herauszufinden, wo sich die Adresse 18 Greenwich Street genau befindet. Ich habe aber schon so eine Ahnung, welche R.R. Depots gemeint sein könnten.
Ich starte mal mit einem alten Bekannten, dem Bromley Stadtatlas von 1891. Die Greenwich Street ist eine westlich gelegene Parallelstraße vom Broadway, die ebenfalls grob in Nord-Südrichtung durch Manhattan verläuft.
Haus Nummer 18 Greenwich Street befindet sich ziemlich in der Nähe vom Südende (oder -anfang) der Straße:
Schräg gegenüber von 18 Greenwich Street sieht man zwei unbebaute (?) Flächen und ich meine mich erinnern zu können, dass dort am Südende der Greenwich Street in der Anfangszeit der 9th Avenue El, also der Hochbahn oberhalb der Ninth Avenue, ein Depot für die Hochbahnzüge untergebracht war.
Warum Castle Garden nicht in die 91er-Bromley-Karte eingezeichnet wurde, verstehe ich zwar nicht, aber ich habe dort einfach mal ein Kreuz reingepinselt, genauso wie an der Position von 18 Greenwich Street und an der Position des mutmaßlichen Hochbahnzugdepots, damit alle Koordinaten, die die Karte des Gasthauses verrät, sichtbar sind.
Gehen wir nochmal ca. 12 Jahre in die Vergangenheit zurück, als Castle Garden als Einwanderungsanlaufpunkt in Betrieb war. Wir schauen mal in den Bromley-Stadtatlas von 1879. Achtung, die Perspektive wechselt, der Norden liegt jetzt auf der rechten Seite!
Eins steht schon mal fest, das Gasthaus an der Greenwich Street war zwar günstig, weil nahe gelegen, allerdings führte direkt vor dem Haus die Hochbahn mit zwei Linien vorbei, von South Ferry als Ausgangspunkt kommend und sich unweit nördlich von 18 Greenwich Street in zwei Hochbahnstränge gabelnd, westlich entlang der Greenwich Street die 9th Ave El und östlich die Church Street hinauf die 6th Ave El.
Wenn ich Hausnummer 8, die eingezeichnet ist, weiter durchzähle, dann müsste das hier 18 Greenwich Street sein:
Und schräg gegenüber wie vermutet und angekündigt, sieht man zu jener Zeit noch ein Depot der New York Elevated R.R. Co. (Rail Road Company) eingezeichnet.
Wenn man ungewöhnliches Bildmaterial benötigt, dann ist man auf den Servern der Columbia Universität meistens gut aufgehoben, so auch dieses Mal.
Hier sieht man die Greenwich Street vom Süden her aufgenommen etwa in der Mitte der 1870er. Dort, wo man eine 13 an der Hausfront sieht, ist die Lücke, in der sich das Depot befand.
Leider kann man hier keinen Eindruck von 18 Greenwich Street gewinnen, das befand sich auf der linken Straßenseite. Wer genau hinsieht, kann vorne rechts aber zumindest Spuren von deutschen Einwanderern (oder für deutsche Einwanderer) erkennen:
Eine weitere Aufnahme der Greenwich Street, entstanden zwischen 1873 und 1875, leider ebenfalls ohne Blick auf die linke Straßenseite, auf der sich allerdings auch nicht das Motiv, die Hochbahntrasse, befand.
Und hier kommt das Bild vom R.R. Depot, das ich in Erinnerung hatte, aufgenommen im August 1876:
Zeitgenössisches und bearbeitetes Kartenwerk aus den 1870ern und 1880ern verdeutlicht, wie die Züge rechts und links von Haus Nummer 7 Broadway "geparkt" wurden.
Hier sieht man noch zwei Vergrößerungen mit Details vom Depotgelände:
Eine alternative Photographie zeigt mehr von der Bebauung südlich des Depots und den Hochbahnzug mit einigen Waggons an der Lokomotive:
Hier sieht man den Bowling Green Park am Südende des Broadways etwa um das Jahr 1890:
Das Haus Nummer 7 mit den Depots drumherum befindet sich am linken Bildrand:
Auf den nachfolgenden Aufnahmen kann man mit diesem Wissen das vierstöckige Haus Nummer 7 Broadway und die Freiräume für das Hochbahnzugdepot drum herum ganz gut nachvollziehen:
Und die Rückseite dieses Gebäude findet jetzt auch auf dem Depotphoto wieder:
Es ist mir nicht gelungen, passende Bilder aufzutreiben, schon gar nicht vom Gasthaus Freiburger Hof. Aber ich habe zumindest ein paar Bilder zusammenstellen können, die eine Annäherung ermöglichen. Wie zum Beispiel diese beiden Aufnahmen, die 1888 an der Rector Street Station etwas weiter nördlich entstanden sind und einen Eindruck von dem Leben unter der Hochbahn vermitteln.
from the collection of the museum of the city of New York
Räumlich näher dran aber wahrscheinlich zeitlich weiter entfernt sind diese beiden Aufnahmen von 1914, die südlich von 18 Greenwich Street an der Mündung der Greenwich Street in die Battery Place entstanden sind:
from the collection of the museum of the city of New York
Nochmal Rector Street Station, dieses Mal 1915:
Und dann habe ich noch drei Aufnahmen von der Westseite der Greenwich Street, entstanden in den 1930ern:
Heute ist von den drei Schauplätzen nur noch Castle Garden erhalten:
google maps
Da wo einst das Gasthaus an 18 Greenwich Street stand, fährt man heute auf der Manhattan-Seite aus dem Brooklyn-Battery-Tunnel heraus.
Und an der Position des Hochbahnzüge-Depots steht schon lange, schon seit der zweiten Hälfte der 1890er die Bowling Green Offices.
Zu meiner großen Überraschung bin ich am Ende mit etwas Glück doch noch auf Bildmaterial von Haus Nummer 18 Greenwich Street gestoßen. Bei Fundstück Nummer 1 handelt es sich um eine Serie von sieben Photos, die der Photograph Stanley P. Mixon am 22. März 1940 am und im Haus aufgenommen hat und die sich in der Sammlung der amerikanischen Kongressbibliothek befinden.
https://www.loc.gov/resource/hhh.ny0376.photos/?sp=1
Im Umfeld dieser Photoserie fand sich auch folgende Ablichtung vom Nachbarhaus 20 Greenwich Street, entstanden 2 Tage zuvor.
Man schaue sich jetzt nochmal das erste Bild aus der vorherigen Serie an, vom Eingang des Restaurant Neptun:
Über der Tür befindet sich ein Bogen, davor führt eine Treppe zur Tür hinauf und an den Geländern befinden sich rechteckige Werbeschilder mit dem Restaurantnamen, um diejenigen aufmerksam zu machen, die nicht frontal auf das Gebäude zu, sondern die Straße entlang laufen.
Wenn man sich also dieses Bild nochmal aufmerksam ansieht, ...
... dann müsste 18 Greenwich Street dieses Haus hier sein:
Hier sieht man nochmal das Nebeneinander der beiden Hauseingänge und die Trennlinie zwischen den Gebäuden:
Diese Photos scheinen ja eher am Ende der Gebäudegeschichte entstanden zu sein, das zweite Fundstück führt uns danach vermutlich zu den Anfängen des Gebäudes. Die Sammlung der Kongressbibliothek und die Wikimedia enthalten auch Baupläne für 18 Greenwich Street. Und mit diesen möchte ich die 41. Folge der Lower Manhattan Saga sanft ausklingen lassen.
https://www.loc.gov/photos/?fa=segmentof:hhh.ny0376.sheet/%7Clocation:new%20york%7Ccontributor:historic%20american%20buildings%20survey&c=150&st=gallery&sb=shelf-id
Direkt die erste Seite der Pläne, die scheinbar auch 1940 entstanden sind, verrät neben den Architekten (Robinson, Moore and Smith) auch die Entstehungszeit (1815-20). Also haben wir auf den Photos tatsächlich das Haus gesehen, in dem sich irgendwann auch einmal das Gasthaus zum Freiburger Hof befunden hat.
Das war die 41. Folge der Lower Manhattan Saga. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Weitere Folgen findest Du hier:
http://nygeschichterucksack.blogspot.de/2012/02/lower-manhattan-journey-through-time.html
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