Sonntag, August 18, 2019

666 - House of the devil

Building, S.E. corner of Bond Street and Broadway, 1904, from the collections of the museum of the city of New York



Als katholisch getaufter Christ, ehemaliger Messdiener und Absolvent eines von Kapuzinermönchen geführten Gymnasiums hatte ich von Kindesbeinen an Kontakt mit dem Höllenfürsten, zwangsläufig auch schon lange, bevor ich gelegentlich schweres Metall in meinen Kassettenrekorder oder CD-Spieler geschoben habe. 

Das, was ich heute machen möchte, ist eine nicht ganz ernst gemeinte Suche nach den Häusern des Teufels in Manhattan. 



Auf die Idee hat mich die Berichterstattung auf einer englischen Seite gebracht, die über ein Bauprojekt vom Schwiegersohn des US-Präsidenten berichtete. 



Das Ergebnis des Bauprojektes an der Adresse 666 Fifth Avenue wurde von gewitzten Twitterern dann auch direkt mit einem schönen Spitznamen versehen: "The Devil's Dildo". 



Und das hat in mir den Wunsch geweckt, mal nachzuschauen, was eigentlich in Manhattan für Gebäude auf Grundstücken mit der Hausnummer 666 stehen, denn die dürften ja unter Generalverdacht stehen, den Teufel zu beherbergen. 

Ich werde mich dabei erstmal auf die Häuser an den Avenues beschränken, also an jenen Straßen, die auf der Insel Verbindungen in Nord-Süd-Richtung darstellen. 

Fangen wir mal mit der bekanntesten Nord-Süd-Verbindung an, dem Broadway. Hier ist eine Alternativaufnahme jenes Gebäudes, das wir auch ganz zu Beginn des Beitrags bewunden konnten: 

Building, S.E. corner of Bond Street, 658-656-654 Broadway, 1904, from the collections of the museum of the city of New York


Ich bin fest davon überzeugt, dass der Teufel in diesem alten Gebäude haust, das auch den Namen "Bingham Building" trägt. Denn wenn der Teufel irgendwo in Manhattan wohnt, dann versucht er sicherlich seine Anwesenheit zu verschleiern. Und das Identifizieren der Hausnummer fällt hier schon direkt mal kompliziert aus. 

Das Bingham Building wurde 1903 fertiggestellt und verfügt über 13 (!) Stockwerke. Es steht an der Ecke Broadway / Bond Street im NoHo-Viertel:

google maps


Wir blicken hier in 3-D vom Norden her auf das Gebäude an der Südostecke der Kreuzung Broadway / Bond Street, die nur ein kleines Stück nördlich der Houston Street (North of Houston) liegt. 






Die Bildbeschreibung zu der Aufnahme von 1904 oben besagt, dass wir die Hausnummern 658, 656 und 654 Broadway sehen. Wenn ich mit dem Google Street View eine gegenwärtige Aufnahme des Gebäudes anpeile....

google street view


... dann stelle ich bei Betrachtung des "Nummernschildes" mit der Hausnummer aber fest, dass es sich um Haus Nummer 666 Broadway handelt. 





Das Verwirrspiel geht bei NYCityMaps weiter: 



Hier wird die Adresse des Bingham Buildings mit 656 Broadway angegeben, interessanterweise trägt die Eigentümergesellschaft aber den Namen "666 Bradway Condominium". Wenn es da mal nicht mit dem Teufel zugeht....

Einigermaßen Klarheit verschaffen die Informationen bei Emporis, die offenbar noch nicht vom Höllenfürsten unterwandert sind und seine Verwirrspielchen deshalb auch nicht mitgemacht haben: 



Offenbar deckt das Gebäude an der Ecke die Hausnummern von 656 bis 666 Broadway ab. Das passt auch wieder zu den Informationen bei NYCityMaps, denn das nächste Haus weiter nördlich am Broadway trägt bereits die Hausnummer 670 Broadway. 



Um diesen Nummerngebung aus einer zweiten Quelle zu verifizieren, habe ich einen Sprung in die Vergangenheit gemacht und den Bromley-Stadtatlas von 1891 aufgeschlagen...



... und die Angaben dort bestätigen die Hausnummernverteilung. Die Hausnummer 666 wurde im Kartenwerk tatsächlich unterdrückt. Ich schließe nicht aus, dass entweder der Teufel selbst hier am Werk war oder aber gläubige Christen. Bleibt dann nur die Frage, wer das Schild mit 666 an die Mauer des Gebäudes geheftet hat. 



Und mit dieser Aufnahme von 1934, die von der Lafayette Street aus entstanden ist und ziemlich weit rechts das Gebäude von der Rückseite her zeigt, möchte ich 666 Broadway verlassen und weiterziehen. 




Nächste Station ist die Adresse, die - wie oben beschrieben - Ideengeber für den Beitrag war. 666 Fifth Avenue ist deutlich weiter nördlich in Manhattan zu finden, nur ein paar Steinwürfe vom Central Park entfernt an der Westseite der Fifth Avenue zwischen 52nd und 53rd Street. 



Es handelt sich bei dem gegenwärtigen 666 Fifth Avenue um ein 1958 errichtetes 40stöckiges Hochhaus, das als Büro- und als Geschäftsgebäude genutzt wird. 

Verantwortungsbewusste Christen haben bereits im 19. Jahrhundert als katholisches Gegengewicht zum Haus des Teufels in Sichtweite auf der anderen Straßenseite die St. Patricks Cathedral errichtet. 





Das Versteck- und Verwirrspiel um die Hausnummer setzt sich auch bei 666 Fifth Avenue fort. Wir schauen hier im Street View vom Süden her auf 666 Fifth Avenue und sehen im Erdgeschoss eine Reihe von Geschäftslokalen mit Front zur Fifth Avenue: 

google street view




Aber weder an der Filiale von Zara...



... noch bei Hollister California...



...und auch nicht bei diesem Geschäft, das mich bis auf das Starbucks-Logo ratlos hinterlässt...



...findet man einen deutlich sichtbaren Hinweis auf die Hausnummer des Gebäudes, in dem sich die Geschäftslokale an der Fifth Avenue befinden. 

Geht man aber jeweils um die Ecke in die 52nd Street...




... oder in die 53rd Street hinein...




..., dann findet man die Hausnummer 666, obwohl sie weder in die 52nd Street noch in die 53rd Street hineingehört, sondern zur um die Ecke liegenden Fifth Avenue. Das ist doch mindestens kurios oder?

Im Stadtatlas von 1891 ist 666 Fifth Avenue ohne Probleme wiederzufinden, damals teilten sich noch mehrere Gebäude die Westseite der Fifth Avenue und Haus Nummer 666 lag etwa in der Mitte des Blocks. 





Der Norden ist auf dieser Karte rechts. Zur Orientierung beachte man die St. Thomas P.E. Church am rechten Rand, die 1870 fertiggestellt wurde, das ist für das kommende Foto von Bedeutung: 



Zum Zeitpunkt der Aufnahme oben (1876) stand nur besagte St. Thomas Protestand Episcopal (P.E.) Church, der Straßenblock südlich davon war noch nicht bebaut und der Teufel noch nicht an der Fifth Avenue eingekehrt. 



Die Aufnahme stammt von ungefähr 1890 und blickt die Fifth Avenue hinauf, in der Bildmitte die Kreuzung 5th Ave / 52nd Street. Das aufwändige Gebäude links steht an der Nordwestecke der Kreuzung (heute Zara) und die dunklen Gebäude vor dem Kirchturm der St. Thomas P.E. Church an der Südwestecke 5th Ave / 53rd Street. 



Haus Nummer 666 Fifth Avenue müsste das südlichste der vermutlich drei dunklen Gebäude sein. Wegen der Perspektive der Aufnahme lässt sich das aber mit hundertprozentiger Sicherheit nicht sagen. Vielleicht ist da auf Höhe von Hausnummer 666 auch eine Lücke zwischen der Mansion an der 52nd Street und den dunklen Häusern an der Nordseite des Blocks. 



Es gibt noch ein Alternativfoto etwa aus der gleichen Zeit und einem etwas anderen Blickwinkel, hiernach würde ich vermuten wollen, dass 666 Fifth Avenue das linke der drei Häuser mit dunkler Front ist, die man rechts im Bild erkennen kann: 

By Falk, B. J. (Benjamin J.), 1853-1925, photographer - This image is available from the United States Library of Congress's Prints and Photographs divisionunder the digital ID cph.3b06982.This tag does not indicate the copyright status of the attached work. A normal copyright tag is still required. See Commons:Licensing for more information., Public Domain, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=3207020


Und noch eine Luftaufnahme mit der gleichen Gebäudekonstellation, genaues Entstehungsjahr nicht bekannt:



1910 sieht das schon anders aus, da ist mindestens ein dunkles Haus abgerissen worden und in der Mitte des Blocks wurde eine weitere Mansion errichtet, die auch das Grundstück Nummer 666 Fifth Avenue einschließt. 



Der Bildbeschreibung nach war das Gebäude im Vordergrund links an der Nordwestecke 5th Ave / 52nd Street die Mansion von William K. Vanderbilt Sr. und die neu errichtete Mansion in der Mitte die von William K. Vanderbilt Jr. . Wenn man die Gebäudeumrisse nachvollzieht, kommt man zu dem Ergebnis, dass diese in den Häuserblock gequetschte Mansion zwei Hausnummern belegt haben dürfte, nämlich 666 und 668 Fifth Avenue. 




Dieses bestätigt auch eine Karte von 1916, die der Vanderbilt Mansion die Hausnummer 666 zuordnet. 





Ob es sich bei William Vanderbilt Jr. um den Teufel persönlich handelte, ist vermutlich davon abhängig, wen man diesbezüglich befragt. 



1925 stand immer noch eine Haushälfte seiner Mansion auf 666 Fifth Avenue, dieses Mal rechts außen im Bild: 



Nochmal 1925, anderer Blickwinkel und an der Südwestecke von 5th Avenue / 53rd Street kein dunkles Haus mehr, sondern ein neuer Nachbar. 



Der Bildinformation von diesem Foto zufolge wurden die Vanderbilt Twin Mansions ein Jahr später, also 1926, abgerissen. 

Noch eine undatierte Aufnahme, die die Gebäudekonstellation mit dem neuen Nachbarn rechts / nördlich zeigt, dieses Mal frontal:



Der neue Nachbar rechts im Mittelpunkt auf einer undatierten Aufnahme, 666 Fifth Avenue am linken Bildrand: 



Abweichend von der Abrissinformation 1926 ist das folgende Foto auf März 1928 datiert und zeigt den Abriss von 666 Fifth Avenue. Allerdings könnte der Abriss der Mansions tatsächlich 1926 angefangen haben, denn auf dem Grundstück, wo früher die Mansion des Vaters stand, sieht man schon neue Bebauung. 






Im April 1938 wurde das Gebäude nebenan nördlich an der Kreuzung 53rd Street / 5th Ave fotografiert. Und links davon, weitestgehend durch einen teuflischen Schatten verdeckt, sieht man eine Ahnung vom neuen elfstöckigen Gebäude auf 666 Fifth Avenue: 



In der Sammlung des Museums der Stadt New York habe ich dann noch ein Photo des vollständigen Gebäudes auf 666 Fifth Avenue ausfindig machen können, aufgenommen 1929: 

53rd Street and Fifth Avenue, southeast corner - Gunthers store -, 1929, from the collections of the museum of the city of New York


Diese Version von blieb ca. 30 Jahre bestehen von der zweiten Hälfte der 1920er bis in die Mitte der 1950er. 

Hier haben wir eine Aufnahme des Neubaus von 1958, der das Grundstück noch bis in die Gegenwart belegt und auch den Namen "Tishman Building" trägt: 



Über Tag sieht das Gebäude ja noch ganz harmlos aus, aber bei Nacht habe ich eine erschreckende Entdeckung gemacht, so erschreckend, dass mir glatt ein spontanes "SATAN" entschlüpft ist: 



Erst in der Dunkelheit enthüllt das Gebäude sein wahres Gesicht! 

Links: 


OK! Eine Niederlassung des Teufels in Manhattan möchte ich noch aufsuchen, für den letzten Versuch wähle ich die Hausnummer 666 Seventh Avenue. 



Wie man sieht, landen wir wieder südlich und unweit entfernt vom Central Park, allerdings etwas weiter südlich als mit 666 Fifth Avenue. Es ist keine große Überraschung, dass man die Hausnummer 666 Seventh Avenue am nördlichen Ende des teuflischsten Ortes in Midtown Manhattan wiederfindet, dem Times Square. 



Natürlich nutzt der Teufel die Konfusion durch eine Vielfalt von Straßen, die hier aufeinandertreffen und platziert seine Unterkunft genau auf eine kleine Insel inmitten des unübersichtlichen Gewühls am Nordende des Times Squares, umgeben von Broadway, 7th Avenue, 47th Street und 48th Street. 



Das Gebäude, das heute auf der Insel steht, wurde 1990 gebaut und trägt den schlichten Namen 2 Times Square, also nach außen hin ganz harmlos. 



Die böse Hausnummer 666 ist im Falle der Seventh Avenue besonders raffiniert verschleiert worden, tatsächlich kann man bei NYCityMap noch nicht mal nach ihr suchen. Und das dürfte nachfolgenden Grund haben: 

Im Stadtatlas von 1891 findet man auf der Straßenblockinsel am Nordende des Platzes, der zu der Zeit noch nicht Times Square, sondern Longacre Square hieß, folgende Hausnummerneinteilung:



Wenn man von Hausnummer 712 Richtung Süden / links zurückrechnet, landet man bei dem Haus an der Spitze bei Hausnummer 704 Seventh Avenue

Springt man runter zum Südende des Longacre Squares, ergibt sich kurz vor Beginn der Kreuzung von 7th Avenue und Broadway folgendes Bild: 



Mit anderen Worten: die Zählung der Hausnummern an der Seventh Avenue endet etwa bei der Hausnummer 614 oder 616 im Süden und setzt erst bei 704 Seventh Avenue wieder ein. 

Dazwischen haben wir das lange Stück der Kreuzung von Broadway und Seventh Avenue, das bei der 43rd Street beginnt und bei 47th Street endet. Und irgendwo auf dieser Strecke müsste man die Hausnummer 666 Seventh Avenue suchen. Die ist nahezu perfekt verschleiert. Respekt!!!



Ok, wir können dem alten Pferdefuß an der Seventh Avenue also wohl kein konkretes Haus zuordnen, aber verraten hat er sich trotzdem. Nach dem Niedergang der Gegend um den Times Square ab der zweiten Hälfte der 1960er und während der 1970er dürften viele diesen Platz wohl als einen Ort empfunden haben, dem der Teufel innewohnt. 

















Und mit dieser letzten Aufnahme, die auf einen flüchtigen Blick hin glatt aus Taxi Driver stammen könnte, möchte ich diesen Beitrag beenden. Danke fürs Vorbeischauen!



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